Rot und italienisch

liebe ware

Produkte, die wir auch nach dem Kapitalismus nicht missen möchten. »Fruchtige Tomaten und feinwürziger Mozzarella machen diese Suppe zu einem einzigartigen Genuss auf italienische Art«, steht auf der Rückseite des kleinen Beutels. Man kann sich darüber streiten, ob es »die« oder »der« Mozzarella heißen soll, aber die Tomaten-Mozzarella-Tütensuppe will ich auf gar keinen Fall missen, weder im noch nach dem Kapitalismus.

Selbst wenn es mir bewusst ist, dass ich es nur dem Kapitalismus zu verdanken habe, wenn eine Mischung aus Tomatenpulver, Reismehl, modifizierter Stärke, Sahnepulver, Mononatriumglutamat, Guanylat, Inosinat, Molkenerzeugnis, Mozzarella, Zwiebelpulver, Schmelzsalz, Natriumcitraten, Milcheiweiß und den Antioxidationsmitteln E 304 und E 307 mit nur ein wenig kochendem Wasser zur leckeren, cremigen, roten, italienisch aussehenden und noch italienischer schmeckenden Suppe werden kann. Damit die Namen von Farb-, Geschmacks- und anderen Stoffen nicht so bedrohlich klingen – was sie überhaupt nicht tun, denn schließlich weiß niemand, was sie bedeuten sollen –, bietet die Tüte nicht nur Pulver an, sondern auch phantasievolle Anregungen, wie man damit leckere Gerichte zubereiten kann. Mit frischen Zutaten. Aber gerade sie würden alles verderben.

Nie und nimmer würde eine Tomatensuppe, die nicht aus der Tüte kommt, so schmecken, wie dieses Wunder aus der Tüte. Sie würde echt schmecken, und wie alle echten Sachen: nicht perfekt. Tomaten- oder Mozzarellastücke würden die cremige Perfektion des Virtuellen nur verderben.

bianca ravel