Let it rain

liebe ware

Produkte, die wir auch nach dem Ende des Kapitalismus nicht missen möchten. Auch nach der Einführung des Kommunismus wird es in Deutschland an dem einen oder anderen Tag regnen. Daran dürfte selbst das neu geschaffene Zentralkomitee, irgendein Fünfjahresplan oder die klassenlose Gesellschaft kaum etwas ändern. Die Aufhebung des Wetters bleibt nach wie vor den Göttern vorbehalten.

Wer sich also nach der Revolution, um sich an seinen dann befreiten, selbstgewählten Arbeitsplatz zu begeben, dennoch nicht ständig in der U-Bahn unter der Erde fortbewegen will wie die Morlocks in H.G. Wells’ Roman »Die Zeitmaschine« und stattdessen lieber weiterhin in die Pedale tritt, ist darauf angewiesen, dass irgendeine Genossenschaft im sozialistischen Deutschland die Produktion von Regencapes übernimmt. Regencapes betonen zwar die Figur des Radlers nicht gerade vorteilhaft, sie sehen aus wie übergestülpte Zelte, und wenn sie grün sind, ähnelt der Träger einem Wichtelmann oder Rumpelstilzchen persönlich; sie bieten außerdem dem Wind eine größere Angriffsfläche, sodass das Vorwärtskommen bisweilen mit größerer Kraftanstrengung verbunden ist, was wiederum an die Fortschritte des Sozialismus im 20. und 21. Jahrhundert erinnert. Aber sie leisten einen auch in kommunistischer Währung unbezahlbaren Dienst: Sie halten trocken. Egal ob es stürmt oder schneit, ob auf der sozialistischen Insel Wangerooge oder im kollektivistischen Brandenburg: Die Regencapes verbreiten einen Vorschein der Sahara. Seit ich der Besitzer eines solchen Capes bin, denke ich mir oft: Hoffentlich regnet es heute noch. Sonnenschein langweilt mich inzwischen.

paul urban