AIZ gegen GPS

ich-ag der woche

Bernhard Uzun, früher Falk, sowie sein ehemaliger Mitstreiter Michael Steinau gelten als die ersten muslimischen politischen Gefangenen deutscher Nationalität. Der Oberstaatsanwalt, der sie im Jahr 1999 wegen sechs Sprengstoffanschlägen und der Mitgliedschaft in den »Antiimperialistischen Zellen« (AIZ) verurteilte, bezeichnete sie als die »skurrilste Erscheinung, die die Linke hervorgebracht hat«. Die »gezielten Angriffe« der AIZ »auf einzelne Funktionsträger« galten in großen Teilen der radikalen Linken als »nicht vertretbar« (Terz), ihre Texte als »militärisch – männlich – großkotzig« (Radikal). Und irre waren sie obendrein: »Wir haben den Islam als revolutionäre Waffe in voller Schärfe und Schönheit kennen lernen dürfen«, schrieben die Neo-Muslime, die sich auch mit antisemitischen Äußerungen nicht zurückhielten (Jungle World, 35–36/1999).

Weil sie als Top-Terroristen galten, scheute der deutsche Staat weder Kosten noch Mühen, ihrer habhaft zu werden. Über 100 000 Mark soll der Sender an Steinaus rotem VW Passat gekostet haben, der eine Ortung des Wagens rund um die Uhr auf 50 Meter genau möglich machte. Nach ihrer Verhaftung im Februar 1996 war der »ganze Spuk« um die AIZ vorbei, was den Spiegel zu der Frage trieb: »Ist die Antiimperialistische Zelle, von Innenminister Kanther zum gefährlichen Staatsfeind erklärt, bloß ein Zwei-Mann-Unternehmen?«

Jetzt führt Bernhard Uzun aus dem Knast einen Musterprozess. Das Bundesverfassungsgericht ist seit der vergangenen Woche mit der Frage beschäftigt, ob die zu seiner Überführung verwandten Mittel rechtens waren. So wird geprüft, ob das satellitengestützte Ortungssystem GPS nur ein besserer Peilsender ist oder die Persönlichkeitsrechte des Beobachteten einschränkt. An Uzuns Haftstrafe wird das Karlsruher Urteil, das erst in einigen Monaten erwartet wird, wohl nichts ändern.

regina stötzel