Aura zum Download

liebe ware

Produkte, die wir auch nach dem Kapitalismus nicht missen möchten. Wenn man sich die Zeit nach dem Kapitalismus vorstellt wie das Leben auf einer Insel der Seligen, könnte das iPod zumindest ein Problem lösen, passend zu dem Umstand, an jenem Ort endlosen Glücks keinen Mangel leiden zu müssen: die Frage, welche Platte man auf jene einsame Insel mitnehmen wolle, muss man nicht mehr beantworten. Man nimmt das iPod mit. Also alle Platten.

Nun gilt dies für jeden mp3-Player. Tausende von Songs passen hinein, der Verlust an Klangqualität, mit dem man für die Komprimierung bezahlt, ist so hörbar wie vernachlässigenswert. Was den iPod über die gewöhnlichen mp3-Player hinaushebt, ist etwas, das tatsächlich nur innerhalb des Kapitalismus wirksam wird: Er tröstet durch sein Design über den Aura-Verlust hinweg, den die Musik hinnehmen muss, wenn man sie von ihrem Tonträger trennt. So sehr der Umstieg von der Vinylplatte auf das CD-Format die Aura des Tonträgers schon in Mitleidenschaft gezogen hatte – durch Verfall der Coverkunst sowie durch übermäßige technische Perfektion, die Spuren des Gebrauchs fanden sich nicht mehr im Verknistern der Musik selbst –, selbst die CD wog einen noch in der Illusion, ein einmaliges Kunstwerk gekauft zu haben. Das iPod wiegt den endgültigen Aura-Verlust, den die Möglichkeit zum Download von Musik mit sich bringt, mehr als auf.

Im Grunde braucht, wer einen iPod sein eigen nennt, schon heute keine anderen Tonträger mehr. So schön kann ein Gerät sein, das den vom Tauschwert befreiten Gebrauchswert symbolisiert.

tobias rapp