Kontrolle und Chaos

platte buch

Luttenbach liegt im Elsass, hat 820 Einwohner und keinen Flughafen. Ob die Flying Luttenbachers etwas mit diesem Kaff verbindet? Wer weiß. Von Weasel Walter sollte man keine Antworten erwarten. Der Schlagzeuger und Stückeschreiber der Band aus San Francisco mag es hermetisch. »Wer Ohren hat, wird herausfinden, worum es geht«, kommentiert er die neue, mittlerweile 13. Platte »The Void«. Also Augen zu, Ohren auf, Energie. Das Minimalprinzip des Rock – Gitarre, Bass, Schlagzeug – macht Maximalbeute in Sachen Anti-Rock. »Wir waren uns einig, dass die Gitarre ein dummes Instrument ist.« Dementsprechend klingt das Allerheiligste aller Rocker, als würde Gitarrist Ed Rodriguez sein Instrument hassen. Und wie steht es um den Song, das Zweitheiligste des Rock? Eine achtteilige Suite ist »The Void« geworden. Von wegen Strophe/Chorus mal drei. Kaum gibt es ein Häppchen Struktur, wird es wieder zerhackt. Was sich am Rand des Wohlklangs bewegt, kommt in den Wolf und wird dort mit Free-Jazz, Grindcore, Punk, Prog-Bombast und Atonalem zerschreddert. 36 Minuten Kontrolle und Chaos.

Doch apropos Wohlklang: Mehr, man möchte fast sagen, Melodie gab es bei den Luttenbachers trotz allem noch nie. Überhaupt wirkt das Album im Vergleich zum monströs komplexen Vorgänger »Systems emerge from total chaos« fast schon, Verzeihung: eingängig. Im Luttenbachers-Kontext, versteht sich. Bloß keine falschen Fährten legen. This is not a love record.

francis klein

The Flying Luttenbachers: The Void (ugExplode/Troubleman)