Eiapopeia

raucherecke

Betrachtet man es mal ganz locker, dann war es wirklich ein schöner Ausflug, am Karfreitag nach Bruchköbel. Die Sonne schien, und es war warm in dem gemütlichen Städtchen bei Frankfurt. Und nicht nur, weil im Frühjahr alle Menschen immer einen Tick freundlicher zueinander sind und ihr ein Ostermarschierer zum Abschied »viel Frieden« gewünscht hatte, ging die Jungle-World-Reporterin versöhnt nach Hause.

Es geht harmonisch zu bei der Eröffnung der hessischen Ostermarschsaison, an der etwa 150 Friedensbewegte und Gewerkschafter teilnehmen. Die Reden sind nicht gerade bombig. Deshalb muss man sich die Zeit während der Auftaktkundgebung damit vertreiben, darauf zu hoffen, dass ein Redner über Pershings und Ronald Reagan schimpft und damit verrät, dass er seinen Text von vor 20 Jahren nicht ordentlich überarbeitet hat. Doch diesen Spaß gönnt einem niemand. Immerhin gibt es wenigstens ebenso viele Seitenhiebe gegen die Bundeswehr wie gegen die US-Army. Die Anwesenden finden eben alle Soldaten Scheiße.

Ein etwa 14jähriger Junge ist mit Abstand der Jüngste hier. Die routinierten Friedensreden stellt er mit seinem Elan locker in den Schatten und echauffiert sich nahezu während der gesamten Demonstration besonders über die Politikverdrossenheit seiner Altersgenossen. Die säßen lieber vor der Playstation, als sich politisch zu engagieren. »99 Prozent der Jugendlichen interessieren sich einen Dreck für das, was auf der Welt passiert«, sagt er. Seinem politischen Interesse verleiht er Nachdruck, indem er kopfschüttelnd Angela Merkels Rede beim Jobgipfel rezitiert oder sich Gedanken über die Politisierung der Massen macht. Selten redet er auch mal über trivialere Dinge, wie zum Beispiel die Chancen der Klinsmann-Elf bei der kommenden Weltmeisterschaft. Vielleicht sollte man ihn damit beauftragen, die paar besoffenen Fußballprolls, welche die Demonstration aus einem kleinen Park heraus mit Stadiongesängen wie »Ihr seid so lächerlich« bedenken, davon zu überzeugen, dass Ostermärsche echt eine gute Sache sind.

Ach so, wie es zu der Versöhnung kam? Nach dem Ende der Kundgebung zuppelte mich ein älterer Mann, stilecht mit weißem Bart, dem Fahrrad in der einen, einer Zigarette in der anderen Hand, am Ärmel und sagte in reinstem Hessisch: »Dass die alle gegen die USA schimpfen! Dass der Saddam damals Israel mit Giftgas beschießen wollte, davon redet niemand.«

jessica konrad