Der Musterräuber

Ich-AG der Woche
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Der deutsche Dillinger sitzt, sicher wie nie, im Hochsicherheitstrakt des Düsseldorfer Oberlandesgerichts, und harrt seiner Verurteilung. Was »Babyface« aka Jan Zocha nun erwartet, sind rund 15 Jahre Knast unter strengsten Sicherheitsvorkehrungen, ohne jede Aussicht auf frühzeitige Entlassung. Dementsprechend schlecht gelaunt lässt er die derzeit laufenden Verhandlungen über sich ergehen. Gefesselt von oben bis unten, angekettet an den Boden seiner Panzerglaszelle, in Sträflingskleidung und bewacht von drei Polizisten, stellt er sich im Gerichtssaal schlafend, gähnt, schweigt und ignoriert seine Umgebung konsequent. Angesichts der Tatsache, dass Zocha in seiner 17 Jahre währenden Bankräuberkarriere niemals einer Fliege etwas zu Leide getan hat, kann sein Verteidiger diesen »irrsinnigen« Aufwand nicht so recht verstehen. Zwar werde sein Mandant flüchten, sobald sich die Gelegenheit biete, er gehe aber nach wie vor nicht über Leichen. Jan Zocha war zeitweise der meistgesuchte Verbrecher der Republik; schon zweimal gelang ihm die Flucht aus der Haft. Nach seiner Festnahme im Jahr 2003 versuchte er es im vorigen Jahr erneut, ganz klassisch mit Feilen und zusammengeknoteten Laken, und wurde erst im letzten Moment entdeckt. Seitdem gilt die Alarmstufe rot. Zocha ist ein Räuber wie er im Buche steht: alleine, verkleidet mit Spok-Ohren und bewaffnet mit einer MP hat er rund 40 Banken überfallen, flüchtete meistens mit einem Fahrrad, zog sich flugs um und tauchte dann, ausgerüstet mit falschen Pässen, unter. Vorzugsweise verprasste er sein Geld in Las Vegas, und zwar seitdem er als 18jähriger eine hübsche Summe geerbt hatte. Wie es so geht, war das elterliche Erbe damals schnell verspielt. Um sich die nächsten Einsätze zu erwerben, lernte er autodidaktisch das Handwerk des Bankraubs.