»Cerberus schlachtet die GSW aus«

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Vor einem Jahr wurde die Berliner Gemeinnützige Siedlungs- und Wohnungsbaugesellschaft (GSW) verkauft. Ein Gespräch mit Joachim Oellerich von der Berliner Mietergemeinschaft.

Die Mietergemeinschaft kritisiert das Unternehmen Cerberus/Whitehall, das die GSW übernommen hat. Warum?

Cerberus ist ein Private-Equity-Unternehmen. Es hat damals für 400 Millionen Euro die GSW übernommen und schlachtet sie jetzt aus. Private-Equity-Unternehmen kaufen in der Regel verschuldete Unternehmen auf, nicht nur Wohnungsbaugesellschaften, und verkaufen sie dann in Einzelteilen weiter. Das betreiben sie seit einiger Zeit sehr erfolgreich, das fing aber schon in den sechziger Jahren an.

Nun sieht man anhand der GSW, was da passiert. Auf der einen Seite haben sie bereits große Bestände weiterverkauft, etwa an die Vivacon AG, und die bemüht sich jetzt, die Mietwohnungen auf die Umwandlung in Eigentumswohnungen vorzubereiten, indem sie Modernisierungen durchführt, die den Mietern nichts nützen, aber die Mieten erhöhen und später den Kaufpreis. Sie warten darauf, dass sie die Wohnungen an Anleger verkaufen können.

Was bedeutet das konkret für die Mieter?

Die Interessen sind entgegengesetzt. Die Siedlung am Grazer Damm etwa zeichnet sich durch sehr lange Wohnzeiten aus. Etliche Mieter wohnen da seit über dreißig Jahren. Viele sind Rentner oder Bezieher von Arbeitslosengeld II. Wenn da die Miete um einen Euro pro Quadratmeter erhöht würde, fielen viele bereits aus den Bemessungsgrenzen für das Arbeitslosengeld II heraus.

Sie kritisieren auch eine »Verschlechterung des Wohnklimas«. Was geschieht denn da?

Viele türkische Bewohner etwa haben Satellitenschüsseln montiert, und das schon seit Jahren. Plötzlich erhalten sie die Aufforderung, diese Schüsseln abzunehmen, mit der Begründung, sie seien nie genehmigt worden. Sie sind aber auch nie nicht genehmigt worden. Ein anderer Mieter etwa hat die Nachricht bekommen, sein Haustier abzugeben. Außerdem werden die Mieter aufgefordert, ihre Autos anders zu parken etc. Die Mieter haben sich bisher drei Mal getroffen, um sich dagegen zu organisieren. Das ist auch nötig. In Berlin sind inzwischen 150 000 Wohnungen an diese Private-Equity-Unternehmen verkauft worden.

interview: paul urban