Feinster Schmarrn

platte buch

Kaum einer hat so genau in den Kopf des deutschen Bürgers geblickt wie Gerhard Polt. In seinem Buch mit dem hübschen Titel »Hundskrüppel« versammelt er Kurzprosastücke, die aus der Perspektive eines kleinen Rotzbuben erzählt sind.

Das Kind, das in den fünfziger Jahren in Bayern aufwächst und vom Geist der Revolte und Zersetzung beseelt ist, rebelliert lebhaft und mit allerlei geistreichen Streichen gegen das Regime der Erwachsenen, die damals freilich dieselben brutal-gemütvollen Kleinbürgerfaschisten waren wie heute. Gegen Kirchgang, Provinztristesse, autoritäres Elternhaus und Langeweile setzt der erfrischende Bub ungetrübten Spaß am Scheißebauen.

Als er einmal seine Mutter zu einem »Erbonkel« begleiten muss und sich herausstellt, dass es sich bei der versammelten Sonntagnachmittagsgesellschaft um, wie die Mutter flüsternd ihrem Sprössling zu verstehen gibt, »lauter alte Nazi« handelt, die von »Negergedudel« und der deutschen »Erniedrigung« daherreden, spricht der von Waldmeisterbowle angetrunkene Kleine irgendwann ein Machtwort: »›Der Hitler ist ein Verbrecher und eine Drecksau!‹ Da wurde es plötzlich ganz still. Alle Nazi schauten auf mich und meine Mutter. Auch der Badenweilermarsch marschierte nicht mehr.«

In einem Stündchen hat man das schmale Bändchen durchgelesen, und eine Gaudi hat man auch gehabt bei dem Schmarrn. Doch leidet das Vergnügen darunter, dass derart viele Gedankenstriche auf die Seiten verteilt wurden, dass man ihrer bald überdrüssig wird. Aber das ist ja auch schon wieder wurscht, denn immerhin lernt man ein neues, schönes Wort: Jemand, der sich über Bierreste hermacht, heißt in Bayern »Noagerlzuzler«.

robert jackopp

Gerhard Polt: Hundskrüppel, Verlag Kein und Aber, 107 Seiten, 12,90 Euro