Scharfe Sucht

liebe ware

Produkte, die wir auch nach dem Kapitalismus nicht missen wollen. Die Fadheit der deutschen Küche ist ohne Beispiel. Sie besteht hauptsächlich aus verkochtem Gemüse, lieblos gewürzten Fleischbergen und Suppen, deren einziger Sinn darin besteht, mit Maggi vergiftet zu werden. Doch es gibt eine Rettung für all diejenigen, die sich dem Diktat des Einheitsessens nicht unterwerfen wollen. Und die kommt aus dem tiefen Süden der USA, wo die Sonne heiß genug brennt, um den teuflisch scharfen Jalapeno Chili wachsen zu lassen. Zerstoßen, fermentiert und in Eichenfässern gelagert, wird aus den Chilischoten nach drei Jahren das Sößchen, das der Alptraum empfindlicher Gaumen ist. Tabasco taufte 1868 ein gewisser Edmund McIlhenny seine Chilisauce und klaute damit einem mexikanischen Bundesstaat den Namen. Ein paar Tropfen davon genügen, um aus Omas öder Linsensuppe einen mexikanischen Feuertopf zu machen. Und wenn das Gehirn wegen des angenehmen Schmerzes Endorphine und Adrenalin ausschüttet, werden Depressionen und Katerstimmung vertrieben. Es ist jedoch Vorsicht geboten, denn Tabasco macht süchtig. Wer sich jahrelang im Unverstand die Sauce über alles Essbare schüttet, schadet Magen und Darm. Dennoch bleibt Tabasco ein zuverlässiger Wegbegleiter durch all die Mensen und Jugendherbergsküchen dieser Welt. Die Geschmäcker werden sich auch nach der Revolution unterscheiden. Deswegen bleibt Tabasco unentbehrlich.

brian beckers