Der reisende Reporter

ich-ag der woche

Politiker und Politikerinnen machen bisweilen vor, wie man es zu etwas bringt, und sei es nur ein persönlicher Vorteil. Wer träumt nicht davon, mit der oder dem Liebsten zum günstigen Preis oder gar für lau in einem Luxushotel zu nächtigen? Das scheint möglich zu sein, wenn man sich als Journalist oder Journalistin auf Reisen ausgibt. Fliegt die Sache auf, bekommt man allerdings Probleme.

Der niedersächsische Landtagsabgeordnete Thorsten Thümler (CDU) kündigte am Samstag an, seine »öffentlichen und politischen Ämter« niederzulegen. Die Oldenburger Nordwest-Zeitung hatte berichtet, dass der Politiker dem Kurhaus Binz auf Rügen neben dem Presseausweis u.a. eine Reisereportage aus dem Wochenendjournal der Zeitung ohne Angabe des tatsächlichen Autors als Beleg für seine journalistische Tätigkeit vorgelegt habe, um dort günstig unterzukommen. In diesem Fall kam es nicht mehr zu der ersehnten Nacht unter fünf Sternen, weil die Hotelleitung skeptisch blieb und Nachfragen stellte, auf die sie keine Antwort erhielt. Im Kempinski Grand Hotel in Heiligendamm hatte er im Juni noch mehr Erfolg.

Die steile Karriere Thümlers, der bereits mit 20 Jahren in der Gemeinde Hude Ratsherr war, dürfte zumindest vorübergehend in Mitleidenschaft gezogen werden. Doch der vielseitige junge Mann, der möchte, dass Graffiti-Künstlern »erhebliche Strafen« drohen, wird schon wieder auf die Beine kommen. Vielleicht hilft ihm seine Mitgliedschaft in der Paneuropa-Jugend, die sich nach der »Befreiung der Völker Mittel- und Osteuropas vom Joch des Kommunismus« für ein »Recht auf Heimat« für alle einsetzt. Dass er zu jenen gehörte, die vor zwei Jahren in einer Zeitungsannonce »kritische Solidarität« mit dem früheren CDU-Abgeordneten Martin Hohmann nach dessen antisemitischer Rede forderten, brachte ihm jedenfalls keine größeren Probleme ein.

regina stötzel