Schweiß verteilen, Schweiß empfangen

platte buch

Früher war es anders. Früher hatten Robocop Kraus ihre Songs bereits im Proberaum fertig geschnitzt. Seit »Living with other People« (2003) feilen sie ziemlich lange an einzelnen Elementen, und auf ihrem neuen Album »They think they are the Robocop Kraus« musste sogar der Hives-Produzent Pelle Gunnerfeldt Hand anlegen. Do it yourself – vorbei? Wenn schon. Nur wenige Bands treten der alten Tante Punk leidenschaftlicher und stilsicherer in ihren verknöcherten Hintern. Seit sieben Jahren schon.

Der ewig gleiche Muffsound, der insbesondere im Umfeld autonomer Jugendzentren produziert wird, war nie die Sache von Robocop Kraus. Trotzdem hatten und haben sie genau dort ihre größten Erfolge. Womit einmal mehr bewiesen wäre, dass die Szenekonventionen, denen sich sehr viele linke politische Bands bis heute verschrieben haben, nicht mehr so rigide sind. Neben Robocop Kraus verstärkten zuletzt unter anderem Superpunk und Von Spar diesen Eindruck. Keine dieser Gruppen befolgt die reine Lehre vom Hardcore oder Punk.

Stattdessen reiten Robocop Kraus auf der hippen Post-Punk-Retrowelle, aber wie sie das tun, ist bewundernswert. Ordentlich Druck? Gerne, aber elegant mit einer transparenten Note. Sophistication? Nichts dagegen, doch postindustriell prollig sollte sie schon sein. Selten hat man einen Sänger gehört, dessen Stimme so gekonnt pendelte zwischen euphorisch-hysterischer Haltlosigkeit und abgeklärter Melancholie. Insbesondere die aktuellen Stücke mit ihren rundbackigen Rockdisco-irgendwie-Beats sind tanzbar, seit ihrem Hit »Fake Boys« wird Robocop Kraus ohnehin als Tanzband wahrgenommen.

Aber sie sind längst, das wissen sie selbst genau, souveräne Partyvermittler. Darum lädt nahezu jeder Refrain zum Mitsingen ein. Oder zum Mitgrölen. Eben deshalb müssen die fünf Nürnberger raus auf die Bühne: Schweiß verteilen, Schweiß empfangen. Immer wieder. Immer gerne.

michael saager

Robocop Kraus: »They think they are the Robocop Kraus« (L’Age D’Or / Epitaph/ SPV )