»Alle müssen die Kriminalität bekämpfen«

small talk

In Berlin werden seit Wochen vermehrt antisemitische Symbole und Parolen gesprüht. Ein Gespräch mit Klaus Gäth vom Berliner Landeskriminalamt.

In Berlin häufen sich antisemitische Schmierereien. Wie ist der Stand der Ermittlungen?

Wir haben festgestellt, dass wir in einem dreiviertel Jahr nur sechs gesprühte Davidsterne hatten, aber in den letzten sechs Wochen 130. Man kann eindeutig davon ausgehen, dass die Presseberichte dazu geführt haben, dass Nachahmungstäter unterwegs sind. Wir haben Ermittlungsanhalte durch Videoüberwachung, die jedoch bisher noch nicht zu einer Ergreifung der Täter führten.

Kann man davon ausgehen, dass die Täter aus dem rechtsextremen Milieu kommen?

Nein, mitnichten. Und zwar deshalb nicht, weil vielfach Davidsterne ohne Kenntnis aufgesprüht wurden, zum Beispiel mit zwei Spitzen nach oben. Wir haben kürzlich einen Täter festgenommen, der Hakenkreuze gesprüht hatte. Der hatte nur Ärger in der Familie und hat es als Provokation getan. Politische Hintergründe konnten wir wirklich ausschließen, mangels Intelligenz.

Nicht jeder reagiert auf familiäre Schwierigkeiten mit dem Sprühen von Hakenkreuzen.

Keine Frage, das ist auch eine Provokation der Öffentlichkeit. Wir können es nicht ausschließen, dass es einen rechten Hintergrund hat. Aber es gibt auch Jugendliche mit Migrationshintergrund, die nicht unbedingt israelfreundlich sind, es gibt Linke, die meinen, Israel bekämpfen zu müssen, auch von dort kann es kommen. Nichtsdestotrotz kann vielfach ein rechter Hintergrund vorhanden sein, aber das ist eine Mutmaßung.

Innensenator Erhart Körting hat die Berliner dazu aufgerufen, durch Wachsamkeit zur Ergreifung der Täter beizutragen. Ist das nicht eine hilflose Geste?

Das sehe ich nicht so. Wir fordern alle Bürger zu mehr Beteiligung, zu mehr Wachsamkeit, zu mehr Nachbarschaft auf. Es geht nicht nur um das Aufsprühen von Davidsternen und Hakenkreuzen, sondern auch darum, dass sich der eine um den anderen kümmert, dass man sich in der Öffentlichkeit nicht anonymisiert bewegen kann, sondern dass alle die Kriminalität bekämpfen müssen. Das ist nicht nur eine Aufgabe der Polizei, sondern auch des gesamten Staates und des Volkes.

interview: janin hartmann