Es gibt doch ein Leben danach

ich-ag der woche

Danach kann nichts mehr kommen, dachte man bisher. Wer es zum Kanzler der Deutschen gebracht hatte, wollte nie wieder den Platz räumen. Musste er es irgendwann doch, wollte ihm partout nicht einfallen, was er fortan mit sich anfangen solle, außer vielleicht seine Memoiren aufzuschreiben und auf diese Weise seine Kanzlerschaft im Geiste noch mal zu erleben. Otto von Bismarck, Konrad Adenauer, Adolf Hitler – kein großer Kanzler, der freiwillig von Bord gegangen wäre. Adenauer, bis zuletzt auf ein Comeback hoffend, nahm im Alter von 91 Jahren sein Bundestagsmandat mit ins Grab; Hitler, ein noch tragischerer Fall, wählte gar den Freitod, aber er hatte seine Memoiren schon frühzeitig verfasst. Auch Helmut Kohl, den man hatte wegputschen müssen, wäre lieber Ehrenpräsident der CDU geblieben, als für ein Jahresgehalt von 600 000 Mark Kirch Media zu »beraten«.

Gerhard Schröder ist anders. Erst schmeißt er vorzeitig den Job, dann legt er sein Bundestagsmandat nieder. Er verhökert die Rechte an seinen Memoiren und hat zwei neue Jobs: als »Berater« des Schweizer Verlags Ringier und als Aufsichtsratsvorsitzender der North European Gas Pipeline, die zu 51 Prozent dem russischen Staatskonzern Gasprom und zu 49 Prozent den deutschen Firmen Eon-Ruhrgas und BASF gehört. Die Pipeline, deren Bau in der vorigen Woche begonnen wurde und die zum Ärger von Polen und Balten an ihnen vorbei durch die Ostsee führen wird, soll ab 2010 ein Drittel des deutschen Gasverbrauchs abdecken. Als Kanzler hat Schröder das Projekt selbst eingefädelt. Auch die Fusion von Eon und Ruhrgas im Jahr 2003 hätte es ohne Ministererlaubnis nicht gegeben.

Als proletarischer Aufsteiger schreckt Schröder nicht einmal davor zurück, zu einem Unternehmen zu wechseln, »auf das ein fremder Staat maßgeblichen Einfluss« nimmt, wie Eckart von Klaeden (CDU) tobt. Schröder schweigt, hat er doch mit den Songs, mit denen er sich von der Bundeswehr verabschieden ließ, schon alles gesagt: »Denn ein Haifisch ist kein Haifisch / Wenn man’s nicht beweisen kann«, ließ er aufspielen; außerdem: »Your daddy’s rich / And your mamma’s good lookin’ / So hush little baby!« Und natürlich: »I did my way«.

melis vardar