LeserInnenworld

Die Redaktion behält sich vor, Leserbriefe gekürzt zu veröffentlichen. Zuschriften bitte an: briefe@jungle-world.com oder per Post an die Redaktion.

Jungle World 06/06: Thema Streit um Cartoons

Charakter des Islam verkannt

Der von mir bisher sehr geschätzte Georg Seeßlen interpretiert die islamistische Mobilisierung im Karikaturenstreit als »Rausch der Differenz« zum nur scheinbar aufgeklärten Westen, spricht gar von einem »fundamentalistischen Angriff von beiden Seiten«. Er verkennt dabei völlig den Charakter des Islam: Schon Mohammed betont gerade die Identität zwischen Religion und Macht, den absoluten Herrschaftsanspruch des Islam über Alltag, Recht und Staat. Islamistische Eliten nutzen die Interpretationshoheit über ihre »heiligen« Codes im Jihad gegen »den Westen«, ebenso wie sie ökonomischen Druck oder atomare Aufrüstung einsetzen. Nicht Differenz ist ihr Ziel, sondern das Verschmelzen des Subjekts mit der Volksgemeinschaft der Gläubigen. Wenn Seeßlen schließlich eine »Charta der Bilder« vorschlägt, in der »die Grenzen des Erlaubten« global neu definiert werden sollen, bleibt nur die Frage, wer sich da einigen soll: der Vatikan mit dem Rat der Mullahs, oder die Staaten in Uno oder WTO?

hartmut regitz

Eine Enttäuschung

Was war das für eine Enttäuschung, als man in eurer Zeitung schmökerte. Nachdem bei großen Teilen der internationalen Linken relative Funkstille herrscht und bis dato leider nur Konservative und Rechtskonservative für die Presse- und Meinungsfreiheit eintreten, waren die Hoffnungen groß, von der geliebten Jungle mal wieder differen­zierte, aber dennoch klare Worte zu hören. Und dann, Pustekuchen! Fast fassungslos musste man sich wissenschaftlich, abstrakt, in­tel­lek­tuel­les Wischiwaschi über Bilder reinziehen und als Krönung noch zum Schluss den Aufruf zur Einschränkung der Pressefreiheit mittels einer UN-Charta für Bilder! Wir bitten euch inständig darum, klare Worte zu finden. Und wenn ihr euch das nicht traut, dann schreibt doch einfach nichts zu dem Thema.

alexander süßmair

Jungle World, 07/06: Völkische Signale

Gegen das Diktat

Danke für die wirklich guten Artikel in den letzten Ausgaben über den Autonomiestreit in Spanien, insbesondere für den Artikel von Thorsten Mense. Tatsächlich sind die Auseinandersetzungen über den Autonomiestatus Kataloniens sinnentleert. In Mallorca bemühen sich Katalanisten im Bildungsbereich bereits seit Jahren, mit Lehrbüchern zum Erwerb der katalanischen Sprache Einfluss zu gewinnen. Viele Mallorquiner jedoch wollen sich nicht vereinnahmen lassen und bestehen auf ihrer sprachlichen und politischen Eigenständigkeit. Auch das Autonomiegebiet Valencia weigert sich, sich dem Diktat Barcelonas unterzuordnen. Barcelona entpuppt sich als neue Zentralmacht, und die vermeintlich völkische Homogenität entpuppt sich als das, was sie schon immer war: ein absurdes Theater um viel heiße Luft.

andreas, palma de mallorca