Sisi hinterm Bauzaun

raucherecke

Salzburg ist schön. Sanft schlingt sich die Salzach durch die Stadt, das friedliche Grün des Flusses korrespondiert in bezaubernder Weise mit dem Grün der Hügel, die die Stadt umgeben. Auf einem thront anmutig die Festung Hohensalzburg, und gerne glaubt man, dass in der Burg Franz Joseph und Sisi noch heute rauschende Ballnächte feiern. Darunter, in der lieblichen Altstadt, leben freundliche und glückliche Untertanen, die wissen, dass der gütige Kaiser für ihr Wohlergehen sorgt. Deshalb können sie sich unbekümmert den angenehmen Dingen des Lebens widmen, dem Essen zum Beispiel (unbedingt die köstliche Ochsenlende in einem der herzlichen Restaurants probieren). Und der Liebe natürlich (von weither kommen Paare, um sich im barocken Schloss Mirabell das Ja-Wort zu geben).

Seit zwei Wochen aber ist diese Beschaulichkeit lädiert. Die Leute vom Kunst­festival Kontracom, das bis zum Juli dauern soll, verhunzen das städtebauliche Idyll. Paola Pivi etwa, die auf dem Residenzplatz (so ähnlich heißen hier alle Plätze und Straßen) einen umgekippten Hubschrauber installiert hat. Oder Hans Schabus, der mit einem Bauzaun das Schloss Mirabell verstellt. »Er zeigt ein mögliches Salzburg, in dem die Geschlossenheit des barocken Ensembles aufgebrochen und eine Erneuerung vorstellbar wird«, heißt es zur Erläuterung; die Länge der Bretter des Zauns sind den Tonhöhen der Melodiefolge von Johann Strauss Sohns »Demolier-Polka« nachempfunden. Und das in dem Jahr, das das mozartischste aller Salzburger Mozartjahre hätte werden können!

Wer sich über diesen Frevel ärgert, findet an den Informationsständen in der Altstadt Trost. Unter dem Motto »Salzburg bleib frei« sammelt eine »Aktion Reales Salzburg« Unterschriften für ein Bürgerbegehren. Die Altstadt dürfe »unter keinen Umständen erneut durch übersubventionierte und missverständliche Gegenwartskunst zur Gstättn degradiert werden«, heißt es dort, und aus ganzem Herzen schließen sich empörte Salzburger und Besucher dieser Forderung an. Sie ahnen nicht, dass diese Aktion selbst zur Kontracom gehört und vom Künstler Christoph Büchel initiiert wurde. Unklar ist nur, ob die in knallroten Leibchen gekleideten Leute an den Ständen seine Handlanger sind oder von ihm unwissentlich missbraucht werden. Der eine Künstler ergötzt sich an dem Gedanken, Salzburg niederzureißen, der andere spottet über die Wut der Bürger – »ja, dürfen sie denn das?« hätte Franz Joseph gefragt. Ja, sie dürfen. Die Monarchie lebt eben nur in den Herzen fort.

melis vardar