Taschenmesser tun’s auch

ich-ag der woche

Michail Timofejewitsch Kalaschnikow soll im Jahr 1941, als er knapp 400 Kilometer von Moskau entfernt schwer verletzt in einem Schützengraben lag, über die Ungerechtigkeiten der Welt nachgedacht haben und zu folgendem Schluss gekommen sein: Es sei nicht richtig, dass die Deutsche Wehrmacht über Sturmgewehre verfüge, die Rote Armee jedoch nicht.

Zum führenden Waffenkonstrukteur der russischen Streitkräfte aufgestiegen, erfand er das halbautomatische Schnellfeuergewehr AK-47. Die neue Waffe konnte zwar den Kriegsverlauf nicht mehr beeinflussen, da sie erst ab dem Jahr 1947 in Serie produziert wurde. Doch sie wurde zum Exportschlager, das Rüstungskombinat in Ischewsk im mittleren Ural verkaufte sie in alle Welt. Die Kalaschnikow avancierte zum Symbol diverser Guerillakämpfe und schmückt sogar die Flagge des Staates Mozambique. Michail Timofejewitsch Kalaschnikow wurde ein berühmter Mann.

Als das »beliebteste Mordwerkzeug« bezeichnete kürzlich eine Studie von amnesty international, Oxfam und dem Internationalen Aktionswerk zu Kleinwaffen die Kalaschnikow. Weil sie so einfach zu bekommen sei, werde das auch in den nächsten 20 Jahren so bleiben. 50 000 bis 100 000 originale oder nachgebaute Gewehre des Modells AK-47 sollen auf der Welt im Umlauf sein, und in Ermangelung sozialistischer Kämpfer assoziiert man inzwischen vor allem islamistische Gotteskrieger mit der Waffe.

Dem mittlerweile 86jährigen Kalaschnikow scheint die Entwicklung nicht in jeder Hinsicht zu behagen. Vor der Kleinwaffen-Konferenz der Uno, die in diesen Tagen in New York stattfindet (siehe Seite 15), äußerte er in einer Erklärung seine Bestürzung darüber, dass gerade seine Gewehre »überall auf der Welt so viel Unheil« anrichteten, und sprach sich in diesem Zusammenhang für Handelsbeschränkungen aus.

Er selbst vertreibt inzwischen, in Zusammenarbeit mit einer Solinger Marketingfirma, Taschenmesser und Uhren unter seinem Namen und bessert damit seine Rente auf.

regina stötzel