Eine kleine Inselgeschichte

uncle rooneys welt

Einer aktuellen Umfrage des Guardian zufolge lehnen 75 Prozent der Briten jede weitere Zuwanderung in ihr Land ab. Mag man angesichts der islamistischen Terrorgefahr auf den ersten Blick Verständnis haben für eine gewisse Skepsis gegenüber Migration, so wird übersehen, wie wichtig die Zuwanderung gerade für ein Land wie Großbritannien ist und war.

Am 22. Juli 1948 lief die »Empire Windrush« in den Tilbury-Hafen in London ein und brachte 492 Menschen aus Jamaika nach Großbritannien. Dies markiert angeblich den Anfang der Einwanderung aus dem Commonwealth der Nachkriegszeit. Aber die Geschichte der Einwanderung ist natürlich viel älter. Im Jahr 55 v. Chr. warf Julius Cäsar einen Blick nach Britannien, die Römer eroberten die Insel und prägten das Leben dort 367 Jahre lang. Sie begründeten auch die Hauptstadt London. Nach den Römern kamen die Angeln und Sachsen, 1066 folgten die Normannen. Im 16. und 17. Jahrhundert kamen über 50 000 Hugenotten.

Im 19. Jahrhundert ging es weiter. Nach mehreren Kartoffelmissernten in Irland mussten Tausende von Iren nach England auswandern. Ende des 19. Jahrhunderts kamen viele Juden aus Russland und Polen, um der Verfolgung zu entkommen. Bis zum Ersten Weltkrieg gab es 250 000 Juden in Großbritannien. Zwischen 1920 und 1938 flüchteten mehr als 90 000 Juden aus Deutschland dorthin. Unter den deutsch­sprachigen Emigranten waren so bedeutende Menschen wie Karl Popper, Isaiah Berlin und Sigmund Freud.

Nach dem Zweiten Weltkrieg immigrierten viele Einwan­derer aus dem Commonwealth, aus Indien, Hongkong und China, Ostafrika und anderen Ländern. Menschen mit einem solchen Migrationshintergrund machen heute etwa acht Prozent der Bevölkerung aus. Das hat dazu geführt, dass das englische Nationalgericht nicht mehr Fish and Chips ist, sondern Chicken Tikka Masala. Die Gesamtbilanz der Einwanderung ist trotz aller Probleme, die es gibt, durchaus positiv. England hat sich von einer schmallippigen Klas­sengesellschaft zu einer toleranteren, entspannten Commu­nity entwickelt, die gerade London zu einer der kosmopolitischsten Städte der Welt gemacht hat.

martin rooney (nicht der bruder von vivienne westwood)