Es muss nicht Katyusha sein

kifferecke

Niemand hört gerne den Ruf: »Halt! Stehen bleiben!« Meist folgt etwas Unangenehmes, in diesem Fall war es eine Durchsuchung der Taschen, die zum Verlust zweier mit Marihuana gefüllter Tütchen und einer erkennungsdienstlichen Behandlung führte. Wer konnte ahnen, dass der gemütliche Coffeeshop in Barmbek bereits am Nachmittag von Zivilpolizisten belauert würde? Noch dazu von kiffenden Zivilpolizisten, denn im Vernehmungsprotokoll war nur noch von einem Tütchen die Rede. »Ihr Gauner«, dachte ich, während ich mir die Farbe von den Fingern schrubbte.

Die Minderung der polizeilichen Korruption ist nur einer von zahlreichen Vorteilen der niederländischen Drogenpolitik. Wer in Amsterdam einen Coffeeshop betritt, kann sicher sein, nicht mit Salbei oder Lakritz-Henna-Mischungen abgespeist zu werden. Ein ordentlicher Coffeeshop erhält ein grün-weißes Gütesiegel von der Polizei. Es wird unter staatlicher Kontrolle gedealt. Deshalb kann sich auch niemand einbilden, er sei besonders cool, subversiv oder gar revolutionär, wenn er einen Joint raucht. Es kiffen nur jene, die einfach Spaß daran haben. Mit 13 Prozent ist der Anteil jugendlicher Kiffer in den Niederlanden niedriger als in jedem anderen westlichen Land.

Wenigstens die Freiheit, zwischen verschiedenen Produkten wählen zu können, sollte im Kapitalismus gewährleistet sein. Der Verkäufer im Coffeeshop ist zwar meist nicht freundlicher als ein Berliner Kellner, doch kann der Konsument anhand einer Liste und der auf einem Tresen ausgelegten Waren seine Entscheidung treffen. Wen die Solidarität mit Israel vom Erwerb der Sorte »Katyusha« abhält, der kann immer noch zu »White Widow«, »Red Butt«, »Skunk« oder auch »Super Skunk« greifen.

Die Marktreife der letztgenannten Sorten beweist zudem, dass die niederländische Drogenpolitik den wissenschaftlichen Fortschritt fördert. Die Erhöhung des THC-Gehalts gelang durch jahrelange, unermüdliche Zuchtversuche. Es ist kein Zufall, dass gerade in diesem Land, in dem der Konsument nicht froh sein muss, überhaupt etwas ergattern zu können, mit soviel Enthusiasmus an diesem Projekt gearbeitet wurde.

maxim kammerer