Schnappschüsse beim Wehrsport

ich-ag der woche

Wie schön, wenn man von aufregenden Jugenderlebnissen Schnappschüsse aufbewahrt hat! Über die Fotos, die Mitte Januar aus vergangenen Tagen auftauchten, dürfte sich der Obmann der österreichischen Freiheitlichen Partei (FPÖ), Heinz Christian Strache, jedoch weniger freuen. Sie zeigen ihn mit bekannten Neonazis bei paramilitärischen Übungen in Kärnten Ende der achtziger Jahre. Nachdem die Existenz der Fotos nicht länger zu leugnen war, versuchte er, den Vorfall als harmlosen Jugendstreich zu entschuldigen. Bundeskanzler Alfred Gusenbauer (SPÖ) half ihm dabei und sprach ebenfalls von »Jugendtorheiten«. Mittlerweile will Strache nicht mehr ausschließen, dass es auch Fotos gibt, die ihn beim Entbieten des Hitler-Grußes zeigen. Und dennoch: Es sei alles bloß eine »Provokation« gewesen und er selbst ein »dummer Bub«, rechtfertigt er sich.

Strache wurde 1969 geboren, also 24 Jahre nach dem Tode des größten Provokateurs und dummen Bubs, Adolf Hitler. Er wuchs ohne Vater auf und identifizierte sich mit seinen Großvätern. Einer von ihnen war bei der Waffen-SS, der andere Vertriebener. Im Jahr 1989 traf er auf Norbert Burger, den bekanntesten österreichischen Neonazi, der ihm bis zu seinem Tod ein geradezu väterlicher Freund blieb.

1991 zog es Strache entsprechend der damals in der Szene ausgegebenen Parole »Rein in die Legalität!« in die FPÖ. Er nahm sich Jörg Haider zum Vorbild und begann dessen Rhetorik und Gestik nachzuahmen. Im Richtungsstreit zwischen wirtschaftsliberalem und national-sozialem Flügel wartete er zunächst ab. Erst als die Unterlegenheit der Mannen um Haider deutlich wurde und sich diese im April 2005 abspalteten, zeigte sich Strache enttäuscht von seinem Idol und trat dessen Erbe als Obmann der FPÖ an.

Nun deutet alles auf eine neue Auseinandersetzung in der FPÖ hin. Denn die Fotos von Strache wurden Medienberichten zufolge von seinem Parteifreund Ewald Stadler in Umlauf gebracht. Wenn das der Führer wüsste.

heribert schiedel