»Zwang lehne ich ab«

small talk

Im deutsch-französischen Grenzgebiet in Baden-Württemberg soll an den Gymnasien Französisch als erste Fremdsprache gelehrt werden. Ein Gespräch mit der Vorsitzenden des Landeselternbeirats, Christiane Staab

Warum protestieren Sie gegen das Vorhaben?

Bisher können die Eltern wählen, ob ihre Kinder an den Gymnnasien mit Englisch, Französisch oder Latein beginnen. Wir wollen, dass dies so bleibt.

Sie haben gesagt: »Wir müssen unsere Kinder fit machen für den Weltmarkt und nicht nur für die Nachbarregion.«

Selbstverständlich. Vier Fünftel der Gymnasien in Baden-Württemberg lehren Englisch als erste Fremdsprache. Nur hier in der Rheinschiene wird Französisch in der Grundschule gelehrt. Die Real- und Hauptschüler lernen in der 5. Klasse Englisch. Nun sagen die Eltern an den Gymnasien, dass sie das auch für ihre Kinder für unabdingbar halten. Sie wollen mit Englisch als Hauptfremdsprache am Gymnasium beginnen.

Sie sprechen sich auch für das »Biberacher Modell« aus. Dieses sieht vor, dass an den Gymnasien gleichzeitig mit Englisch und Latein begonnen wird. Warum sind Sie da­gegen, dass die Schüler gleichzeitig mit Englisch und Französisch beginnen?

Dieses Modell legt einen Schwerpunkt auf das grammatikalische Erlernen der Sprache über das Lateinische. Das Erlernen der Aussprache und der Konversation etc. findet im Englischen statt. Wenn wir Englisch und Französisch gleichzeitig lehren, dann haben wir zwei lebende Fremdsprachen mit einer völlig unterschiedlichen Aussprache. Die Grammatik weicht stark voneinander ab.

Sind Sie franzosenfeindlich?

Wir haben ein gutes Verhältnis zu den Franzosen. Wir leben hier seit 50 Jahren zusammen, wir kaufen drüben ein, sie kommen zu uns, jeder hat seine Freunde auf der anderen Seite. Es ist ein friedliches Miteinander. Offenbar muss die Politik da irgendwelche Feindbilder bemühen, um einen Sprachenzwang zu rechtfertigen.

Sie sind stellvertretende Fraktionsvorsitzende der CDU in Karlsruhe. Der Kultusminister Helmut Rau ist Christdemokrat. Haben Sie einen Streit mit einem Kollegen?

Ich sehe als obersten Grundsatz christdemokratischer Politik, die Freiheit des Menschen dort zu gewähren, wo sie sinnvoll ist. Zwang ist für mich ein Mittel, das ich ablehne.

interview: stefan wirner