»Bienen schreien nicht«

small talk

In den USA wird seit Wochen ein mysteriöses Bienensterben beobachtet. Inzwischen erreicht es auch Deutschland. Ein Gespräch mit Manfred Hederer, dem Präsidenten des Deutschen Berufs- und Erwerbsimkerbundes

Welches Ausmaß hat das Bienensterben hierzulande?

Manche Imker melden keine Ausfälle, manche melden Totalausfälle. Die Bienen sind verschwunden, die Stöcke sind leer. Der übrig gebliebene Rest der Bienen ist schwach und entwickelt nicht die Dynamik, die man von Bienenvölkern ansonsten kennt. Es wird sich endgültig aber erst in den nächsten drei Wochen abzeichnen.

Wir hatten das schon drei Mal, da hat niemand Notiz davon genommen. Am schlimmsten war es 2002/2003. Aber es wurde damals von bestimmten Interessengruppen kaschiert. Die Imker wurden als dumm hingestellt, und auch heute erinnert es an das Vorstadium des BSE-Skandals. Was hier läuft, ist katastrophal. Es hat die Spanier bereits erwischt, die Franzosen, die Griechen, die Polen. In den USA hat es eine neue Dimension erreicht, möglicherweise auch, weil dort viel Agrogentechnik angewandt wird.

Welche Folgen hat das Bienensterben?

Es zerstört die Artenvielfalt. Populationsketten werden durchbrochen, weil keine Bestäubung von Beerenfrüchten mehr stattfindet. Davon sind zum Beispiel Vögel betroffen. Die Obstbauern und andere, die auf Bestäubung angewiesen sind, kriegen auch Probleme. Es geht um große volkswirtschaftliche Werte. Ich kenne einen Imker, dem sind 250 Völker gestorben, das ist ein Wert von mehreren 100 000 Euro.

Manche machen gentechnisch veränderte Maispollen dafür verantwortlich.

Das dürfte einer der Faktoren sein. Wir vermuten, dass die ganzen Stoffe, die da in die Landschaft gesprüht werden, eine Rolle spielen.

Was kann man tun?

Für die Bienen, die jetzt sterben, kann man nichts mehr tun. Wir fordern vom Staat und den Ministerien Geld, um in unabhängigen Laboren die Ursachen untersuchen zu lassen. Aber wenn Sie sich an staatliche Stellen wenden, bekommen Sie immer die Verharmlosung zu spüren. Da hört man nur Wischiwaschi. Hier stinkt es gewaltig. Es gibt bereits viele in ihrer Existenz bedrohte Imker. Und an die Bienen denkt sowieso niemand. Denn Bienen schreien nicht, wenn sie sterben.

interview: stefan wirner