»Ich kritisiere auch den Alltagsislam«

small talk

Seit sich der Publizist Ralph Giordano gegen den Bau einer Moschee in Köln ausgesprochen hat, wird er bedroht. (Jungle World, 23/07) Das Studierendenparlament der Universität zu Köln hat sich in der vorigen Woche mit ihm solidarisiert. Ein Gespräch mit Dominik Düber von der Studentenfraktion Die Linke.

Wer hat im Studierendenparlament für den Beschluss gestimmt, wer dagegen?

Gegenwärtig haben zwei unpolitische Gruppen die Mehrheit: die Unabhängigen und die Lust. Sie haben den Antrag unterstützt, der von oppositionellen Fraktionen gestellt wurde, von der Linken Liste und der Linken, in der ich Mitglied bin. Nicht anwesend waren die Jusos und die Alternative Liste, die Liberalen und der RCDS. Möglicher­weise hätten die Jusos und die Alternativen in Teilen dagegen gestimmt.

Wieso vermutest du, dass es von dieser Seite Gegenstimmen gegeben hätte?

Weil es in der AL Leute gibt, die einem klassischen Antiimperialismus anhängen. Sie hätten sich nicht so einfach mit Giordano solidarisiert, sondern gesagt, dass Morddrohungen zwar nicht nett, seine Äußerungen aber kritik­würdig seien. Aber faktisch haben sie sich in der Debatte noch nicht zu Wort gemeldet.

Wie beurteilt Ihr die Äußerungen von Giordano inhaltlich? Er sprach ja von einer »Inflation von Moscheen« in Deutschland und von einem »großzügigen Ausländerrecht«, das die Probleme mit herbeigeführt habe.

Die Debatte zwischen Giordano und Bekir Alboga von der Ditib, die ja Bauherrin der Moschee ist, fand auf einem niedrigem Niveau statt. Ich teile nicht alles, was Gior­dano gesagt hat. Zum Beispiel finde ich eine Burka weniger eine ästhetische Beleidigung als ein politisches Problem.

Uns ging es darum, dass man sich auch jenseits dieser Äußerungen mit Giordano solidarisiert und ihn nicht, wie es von Teilen der Linken, etwa der taz oder der Linkspartei, getan wurde, in eine rechte Ecke stellt. Es geht darum, dass er das Recht hat, dies zu sagen, ohne mit Morddrohungen überhäuft zu werden.

Habt Ihr Reaktionen auf eure Solidarisierung aus der Linkspartei bekommen?

In Teilen der Partei gibt es Unmut darüber. In der Öffentlichkeit unterstützt sie den Moscheebau und sagt nichts weiter dazu. Das finde ich problematisch. Denn ich übe nicht nur Kritik am Islamismus, sondern auch am orthodoxen Alltagsislam. Denn der Islamismus entsteht nicht aus dem Nichts. Er braucht einen Nährboden, in dem er enstehen kann.

interview: stefan wirner