»Jährlich 13 Millionen Tonnen Kunststoff«

War der Gelbe Sack ein Flop? Ein Gespräch mit Klaus Wiemer, dem Leiter des Fachgebiets für Abfallwirtschaft und Altlasten der Universität Kassel. small talk von stefan wirner

Sie behaupten, das Duale System sei gescheitert. Warum?

Es wird ein sehr enger Sektor der Wiederverwertung herausgenommen. Das ist zu wenig, wenn wir die Ansprüche an den Schutz der Ressourcen und des Klimas ernstnehmen. Ein Beispiel: Es werden jährlich etwa 13 Millionen Tonnen Kunststoff in Umlauf gebracht, über das Duale System werden aber nur knapp 600 000 Tonnen Kunststoffe verwertet.

Es gab von Anfang an Kritik am Dualen System. Warum wurde es trotzdem aufgebaut?

Wir standen vor einem Müllnotstand, die Verbrennungsanlagen waren kaum noch durchsetzbar, und es wurde zu umfangreich verpackt. Die Verpackungsverordnung führte dazu, dass rationel­ler verpackt wurde. Sie entfaltete eine Lenkungswirkung. Da­rüber­­hinaus kannte man nicht die heutigen Trenntechniken. Die entstandene monopolartige Struktur lässt aber viele Zweifel aufkommen, ob der Weg damals richtig war.

Ist eine stärkere Müllvermeidung durchzusetzen, wenn man bedenkt, dass ganze Industriezweige von der Müllproduktion abhängen, etwa die Verpackungsindustrie?

Die Abfallvermeidung liegt schon seit längerem auch im Interesse der Industrie, weil die Ressourcen teurer werden.

Kurz vor unserem Gespräch habe ich mit dem BUND telefoniert. Dort hat man nicht mal mehr einen Experten für Müllwirtschaft. Ist das Thema so unwichtig geworden?

Im Gegenteil, das Thema ist wichtiger geworden. Es ist erstaunlich, dass viele Umweltgruppen sich nicht mehr darum kümmern. Ich fordere in Anbetracht der vielen Wertstoffe, die im Restmüll vorhanden sind, einen Gleichklang der Novelle des Abfallgesetzes mit der Novelle des Verpackungsgesetzes. Es geht nicht nur darum, Verpackungen zu sammeln, sondern auch die anderen Kunststoffe, die nicht für Verpackungen verwendet werden sind.