»Ich war immer ­Klassensprecher«

30 Jahre lang regierte Hans Schröpf (CSU) die bayerische Kleinstadt Weiden. Im Winter wurde er zum zweiten Mal wegen Betrugs verurteilt, daraufhin ließ er sich krankschreiben und dann pensionieren. (Jungle World, 44/06) Bei der Wahl zum neuen Oberbürgermeister wählten überraschend so viele Weidner den relativ unbekannten SPD-Kandidaten Kurt Seggewiß, dass es am Wochenende zur Stichwahl kommt. small talk von stefan wirner

Herr Seggewiß, findet in Weiden gerade eine Revolution statt?

Es ist ein erster kleiner Erdrutsch. Am Wochenende wollen wir den zweiten Sieg erringen, sodass die SPD seit 31 Jahren wieder den Oberbürgermeister stellt.

Derzeit liegen Sie noch ein paar Prozente hinter dem CSU-Kandidaten Lothar Höher. Wie wollen Sie ihn einholen?

Wir wollen unbedingt die Nichtwähler aktivieren. Außerdem haben 14 Prozent Professor Dr. Klotz von der FDP gewählt. Davon möchte ich mir einen großen Kuchen holen.

Was veranlasste so viele CSU-Wähler, dieses Mal einen »Sozi« zu wählen, wie man in Weiden sagt?

Sie wählten keinen »Sozi«, sondern die Person Kurt Seggewiß. Ich weise die nötige Fachkompetenz auf, ich bin in Weiden groß geworden und bin vor allem unbelastet. Ich gehörte nicht dem Weidner Stadtrat an. Gerade der klassische CSU-Wähler ist genervt von dem überregionalen Negativimage, das Weiden hat. Die Seilschaften und die Vetternwirtschaft müssen beendet werden. Dieser wirkliche Neubeginn ist nur mit mir zu schaffen.

Sie haben im Wahlkampf damit geworben, dass Sie noch niemals eine Wahl verloren hätten. Wofür haben Sie denn bisher kandidiert?

Ich bin stellvertretender Stadtverbandsvorsitzender der SPD, war in Spickendorf bei Halle für die »Mündigen Bürger« im Stadtrat, und ich war immer – immer – Klassensprecher. Jedes Mal, wenn ich mich im Sportverein für ein Amt beworben habe, habe ich die Wahl gewonnen. Ich habe nicht eine Wahl verloren.