»Die Polizei jagte mit 180 km/h über die Straße«

Vor einem Jahr, in der Nacht zum 1. August, kamen bei einer Verfolgungsjagd zwischen Kablow und Dannenreich in Brandenburg fünf Flüchtlinge aus Vietnam und der Fahrer bei einem Autounfall ums Leben. Der Flüchtlingsrat Brandenburg wirft der Polizei vor, damals unverhältnismäßig vorgegangen zu sein. Ein Gespräch mit Vera Everhartz vom Flüchtlingsrat. Small Talk von Stefan Wirner

Bis heute ist nicht geklärt, wie es zu dieser gefährlichen Verfolgungsjagd kam. Wie hat sich die Polizei im Nachhinein dazu geäußert?

Es gab ein Ermittlungsverfahren, in dem geprüft wurde, ob das alles mit rechten Dingen zugegangen ist. Es wurde nach kurzer Zeit wieder eingestellt. Die Staatsanwaltschaft war zu dem Ergebnis gekommen, dass es für die Polizei keine andere Möglichkeit gegeben habe, als so vorzugehen.

Das sehen wir völlig anders. Aus unserer Sicht ist das ein katastrophales Ergebnis. Es kann doch nicht angehen, dass ein Auto, das mit acht Leuten besetzt ist, mit Tempo 180 über die Landstraße gescheucht wird. Zumal ja, nach Angaben der Märkischen Allgemeinen, ein Peilsender am Fluchtauto angebracht gewesen sein soll. Die Polizei wusste also sowieso, wo sich das Auto bewegte. Sie hätte die Sache in Ruhe aufklären können. Den verschiedenen Presseberichten zufolge soll ein Fahrer oder Mitfahrer der Polizei schon bekannt gewesen sein. Er wurde wohl wegen so genannter Schleuserkriminalität gesucht. Ich gehe davon aus, dass es der Polizei um diesen Mann ging.

Wegen der Verfolgungsjagd kam es dann zu einem Autounfall?

Ja. Es stellt sich die Frage, warum die Beamten so eine Verfolgung veranstalteten. Wenn ich mit 180 Kilometer pro Stunde über die Landstraße brause, gefährde ich auch Unbeteiligte, andere Autofahrer etc. Für uns liegt der Grund hierfür nach wie vor im Dunkeln. Der Polizei musste klar sein, dass es sich bei den Fahrzeug­insassen nicht nur um »Schleuser« gehandelt haben konnte, sondern eben auch um Flüchtlinge.