Deutschland, deine Bilanz

Gewinnen können sie nicht, verlieren natürlich auch nicht: die nationalen Sport-Stars

Nein, Ende. Sie gewinnen ja mittlerweile wirklich alles. Irgendwann muß auch mal Schluß sein. In Gottes Namen. Der Bogen ist überspannt, klarer Fall, unsere Geduld am Ende. Als durchsickerte, die für Zugvogel Berlin startende "Eisen-Lady" (Bild) Hanka Kupfernagel habe den Prolog der Frauen-Tour-de-France gewonnen, als Kupfernagel daraufhin auch die erste Etappe für sich entschied (vor Vera Hohlfeld aus Erfurt), als dergestalt offenbar wurde, daß Jan Ullrich kein radsportlicher Einzelfall sein kann, als Udo Bölts plötzlich erklärte, er wolle und müsse oder jedenfalls könne nun den Weltmeistertitel einfahren (denn das Team Deutsche Telekom sei ein saustarker Haufen), als Frank Busemann, der Dortmunder Sparkassen-Azubi, zähledern Zehnkampf-Bronze errang und, man könnte längst abwinken, die 4-x-400-Meter-Damenstaffel die sowieso für Deutschland fällige und reservierte Goldmedaille abholte, weil die Russinnen zu besoffen waren, um auf der Innenbahn die Zielgerade zuzumachen, da war's dann im Grunde endgültig genug;

wenn nicht zugleich Bernhard Langer, wohl selbst erstaunt über die eigene Blödheit, ständig falsche Eisen gezogen hätte und die Weltrangliste weiter heruntergerutscht wäre; wenn nicht Emil Becks Paradefechter, die alten Saftsäcke, abgemeiert und -geschmiert wären; wenn andererseits und in contradictio leider auch die schönen Frauen der Degenabteilung lieber nicht, aber das ist ein anderer Fall, ähnlich katastrophal "abgeschnitten" hätten; - dann wäre die ganze Sache anders gelaufen;

bzw. umgekehrt. Äh -

Nun, "Deutschland" gewinnt zu viel, zu oft. Neulich spielte ich mit'n paar Genossen und (u.a.!!!) Thomas Wark Fußball; Wark war schwach, sag' ich mal. Aber um sich auf die plane Ebene unseres selbstverständlich nonnational motivierten Sportgeschehens herabzuschwingen, dafür schien dann ZDF-seitig doch sichtlich kein Sinn parat;

denn immerhin, wird der deutsche Moderator gedacht haben, ist Sandra Völker, BRDs programmatischste Schwimmcrawlerin, Weltmeisterin mit Rekord! Mit astreinem Franziska-van-Almsick-vergessen-machendem Weltrekord!! Da, Himmelarsch, soll Achtung walten - während, wir wollen das nicht vergessen, bei der Curling-WM Silber heraussprang und, vollkommen zu Recht wider die allzulang herrschende italienische Übermacht, Europas Top-Fußballpokale vor kurzem in das allerdings überschätzte Ruhrgebiet wanderten.

Mein Gott, es reicht eigentlich.

Die Statistik sagt: Erster wird immer sein die Fußball-WM, zweitmeist kümmert sich der Weltbürger um die Formel 1 (ich auch, diese Woche Spa!), drittens will man sehen die Tour de France.

Schlechter sieht es aus mit Basketball: geloost. Deutschland hier scheiße und abgeschlagen. Während auch Handball zuletzt eher mies lief. Von den üblichen Eishockey-Desastern redlich zu schweigen. Wo jetzt der Neger die DEL-League 80prozentig okkupiert, ist's ja keine für Deutschland fürderhin zu messende und registrierende Sportart mehr.

Florian Schwarthoff sei dann doch gepriesen - er ward, trotz Hechtsatz über die Linie, Vierter. Was, sehen wir ihn laufen, sich strecken und mühen, doch minder klug anmutet. Mag er demnächst in Wolfsburg siegen. Uns gehen die Deutschen längst als Block en bloc auf den Sack.

Warum? fragt da Peter Glotz.

Warum denn nicht.

Es ist zumal das reine Generve, das den Deutschen auszeichnet. Gewinnen können sie nicht, verlieren natürlich auch nicht. Herrn Lobinger, diesen Widerling von Möchtegern-Stabhochspringer, hätten wir nach seinem vierten Rang gern "im Interview" gesehen; Tim Lobinger, den tönenden Aff', der Sergej Bubka vor dem Wettkampf dreikäsestabhoch geraten hatte, sich "das nicht mehr anzutun". Nun war Bubka, den erhebliche Achillessehnenprobleme plagten, mit 6,01 Metern auf dem Goldplatz gelandet und Herrn Großmaul die Philosohie zur Neige gegangen. Anders dem Duo Astrid Kubernuss/Dieter Kollark. Letzterer, ein alter DDR-Peitscher, denunzierte trotz Titelgewinns seiner Kugelstoßerin die zweitplazierte Pawlisch und verbreitete sich taktvoll über "geklonte Athleten" aus der Ukraine. "Zur sportlichen Motivation, aber auch aus geschäftlichem Interesse, braucht Astrid Kumbernuss offenbar ein Feindbild", bemerkte die FAZ (9. August), ohne eine Abrechnung mit den ex-sozialistischen Brüdern und Schwestern anzuschließen, die allemal gerechtfertigt gewesen wäre.

Man sehe sich nur die Dampframme Grit Breuer ("stieß ... wie ein Habicht nach vorn", so Bild) und höre sich bloß ihren Trainer Thomas Springstein an, und man weiß alles; man registriere das Pressegedränge zu Uns Lars Riedel, den "größten Diskuswerfer aller Zeiten" und aller Klassen und Galaxien ja sowieso, ein tumber Muskelhaufen, der nun "ins Guinness-Buch kommt (Bild, 11. August). Na bitte, das ist irgendwie auch wieder ganz prima.

Alles scheint blendend gelaufen zu sein, fast: In der Punktewertung schlagen unsere Frauen die USA, die Männer werden aber nur Zweiter, und der Medaillenspiegel spricht welche Sprache? Wie bitte? Erneut lediglich Zweiter? Was? Schämen sollen sie ...

Weil wer vorbildlich versagte? Heike Drechsler stampfte auf den "undankbaren vierten Platz", die laufende Maultasche D. Baumann erreichte als Fünfter das Ziel. Indessen Stich und Becker allerdings noch konsequenter gar nichts mehr machen.

Reichlich unpassend war wiederum der zweite Fußball-EM-Titel innerhalb eines Jahres. Auf dem Fuße meldete Bild am 14. August: "Die Erfolgsserie des deutschen Fußballs geht weiter!" Und das, weil Christoph Daums Leverkusener vor "deutschen Kameras" Tiflis mit 6:1 geschlagen hatten.

Schluß jetzt! Schumacher hingegen - der darf Weltmeister werden. Wenn die Reifen halten, die amerikanischen.