Ernst-Jünger-Spezial

Wo waren Sie, als das Sparwasser-Tor fiel?

Der Autor lebt als freier Autor in Frankfurt am Main

Ist das Leben eckig? Ist es rund? Hat es Ähnlichkeit mit einem, äääh, Ball? Oder eher mit einer Kühltasche? Und wie lange hält es, das Leben, sich darin?

Wer weiß das? Ernst Jünger vielleicht?

Der müßte es ja eigentlich wissen. Und wenn - wird er es dann, wenn schon nicht uns, so wenigstens seinem Serientagebuch "Siebzig verweht" anvertrauen? Resp. der FAZ (Vorabdruck!) verraten?

"Letzthin hängt all und jedes zusammen, und durch jede Öse kann ein Faden geführt, durch jedes Schlüsselloch ein Geheimnis erspäht werden", sagte Jünger einmal. Meint er den Faden des Lebens und das Schlüsselloch zum Erfolg? Ist es jenes apokryphe Wissen um das Geheimnis ewiger, ja sportiver Vitalität (Kaltwasserschwimmen), das Jünger jedem Wetter trotzend die Höhen der Schwäbischen Alb wieder und wieder zu Fuß erobern läßt? Ist's Jüngers Basteltrieb? "Warum", fragt er selbst am 30. 7. 1990 ("Siebzig verweht", IV), "schneide ich so gern Silberpapier?" Woher sollen wir das wissen? Warum sollen wir das wissen?

Wir trauen uns nicht, diesen Berg von Fragen zu beantworten, geschweige denn zu stellen.

Der Hechinger Kulturanthroposoph Wolf von Homburg hingegen besaß die Chuzpe, Jünger im Juni dieses Jahres darum zu bitten, seine Erinnerung an das Sparwasser-Tor 1974 schriftlich niederzulegen. Jünger ließ per Brief vom 11. Juli aus Langenenslingen-Wilflingen mitteilen:

"Ernst Jünger dankt für Ihren Brief. Was die Autoren-Umfrage betrifft, so hat Ernst Jünger in seinem langen Leben kein einziges Fußballspiel gesehen, noch sich mit dem Spiel selbst befaßt. Er kann es nur bedauern, daß Nationalspiele politischen Wertungen unterlegt werden. Mit freundlichen Grüßen, i. A. Georg Knapp"

Vielleicht ist es das, das Geheimnis eines langen Lebens: kein Fußball.

Und keine politischen Wertungen unterlegen.

Und jemand, der den Müll runterbringt und die Post macht.