Zapping. Kunst in der Demokratie

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Kunst in der Demokratie: Ein Schnellrücklauf bis in die fünfziger Jahre.

Harald Schmidt Show

Seit Berlin zur neuen alten Hauptstadt des alten neuen Deutschland bestimmt wurde, wird die Wirklichkeit sukzessive korrigiert, genießen die in den Hafturlaub entlassenen Dissidenten die Vorzüge des humanen Strafvollzugs, ist der Kulturkampf zwischen McDonald's und deutscher Bratwurst voll entbrannt, wie der Kulturkritiker Diedrich Diederichsen in seinem Buch "Freiheit macht arm" sarkastisch anmerkte.

Die vermeintlich ungelöste national-kulturelle Frage hat Konjunktur, wie schon zu Zeiten Adenauers und Ulbrichts. Damals war es Hans Sedlmayr, der Gefahr in Verzug witterte angesichts einer kunstgeschichtlichen Entwicklung "fort vom Humanismus" und "hinab zum Anorganischen". Picasso, die Futuristen und Expressionisten seien nicht bloß das "Symptom" der allgemeinen "Deshumanisation", sie beschleunigten diesen "Zerfall" auch. An Kunst und Künstlern "treten Züge hervor, die auffallend an individuelle neurotische Störungen und geistige Erkrankungen gemahnen" ("Verlust der Mitte", Frankfurt/M. 1955).

Die nationalen Krankenpfleger heißen heute George Steiner, Botho Strauß, Hans-Jürgen Syberberg und sind Dauergäste im Fernsehen. Bei Harald Schmidt, dem Guildo Horn der deutschen Telekratie, bejammern sie den Kulturbolschewismus in den Medien, plädieren für eine Wiederaufnahme dessen, was der syphilitisch delirierende Nietzsche "die ewige Wiederkehr des Gleichen" nannte, und rufen: "Zurück zur Kunst!" Harald Schmidt findet das ganz prima und erteilt Peter Weibel das Wort. Ja, die Politik sei irgendwie nichts anderes als eine mediale Dislozierung. Zum Beispiel die sogenannte Revolution in Rumänien 1989, besser als jeder Hollywood-Krimi, eine Tele-Revolution. Der vor laufender Kamera verprügelte Nicu Ceausescu habe in Echtzeit defäkiert. Der "Co-orientation approach" sei praktisch voll bestätigt worden, obwohl der bis dahin unter Hausarrest gestellte Dissident und Dichter Mircea Dinescu als Moderator im Studio die Securitate-Paranoia schürte. Und die Exekution von Elena und Nicolae Ceausescu? Ein erstklassiges Kunst-Video, antwortet Weibel.

Zu Hause in Prenzlauer Berg klatschen die Ex-Dissidenten Beifall, schlürfen Rotkäppchen und verzehren eine Thüringer Rostbratwurst von Aldi. Wer die politische Wirklichkeit nicht bewältigen will, flüchtet in die ästhetische Restauration. All diese Orientierungslosen und Eskapisten, die in der Kunst ihr Heil suchen, würde George Steiner am liebsten in einem Kultur-KZ internieren, wo "jedes Gespräch über Kunst, Musik und Literatur verboten ist" ("Von realer Gegenwart", München 1990).

Sie, die eine "Vorherrschaft des Sekundären und Parasitären" (Steiner) über die künstlerische Autonomie etabliert hätten, sollen die Schnauze halten und den Irrläufern des Schönen, Wahren, Reinen und Guten folgen, eben "zurück zur Kunst". Mit der, so Walter Grasskamp 1992 in der Zeit, für die Moderne so signifikanten "Kakophonie der Monologe" müsse kurzer Prozeß gemacht werden, bevor das deutsche Kulturerbe noch mehr zerredet und in Reservate individueller Jargons gedrängt wird.

Der vielzitierte Paradigmenwechsel bedeutet, daß man keine Antworten mehr gibt, sondern nur noch Fragen elaboriert. Der Kapitalismus konnte die Widersprüche ebensowenig beantworten, wie der Sozialismus seine Ideale eingelöst hat. Die Kultur wurde grenzübergreifend in ihrer historischen Prozessualität blockiert und in ein ideologisches Interessengeflecht gedrängt. Nachdem der Westen den Osten ökonomisch besiegt und parlamentarisch inkorporiert hatte, wurde die Neue Jämmerlichkeit sichtbar, die von einem obszönen Durchhaltewillen der Alliierten geprägt war.

Mad Max

Die Nachricht verbreitete sich schnell und brachte Unruhe in die Szene. Wolfgang Max Faust hatte sich September 1992 im Berliner Stadtmagazin Zitty selbst geoutet: Er sei seit Anfang der achtziger Jahre Aids-infiziert, sein seit 1989 stabiler Immunstatus mit 130 T4-Helferzellen bedeute Vollbild Aids. Faust hatte gerade das Manuskript "Dies alles gibt es also. Kunst, Alltag, Aids" (Ostfildern 1993) beendet und ging noch vor der Veröffentlichung in die Offensive. "I go public" lautete das Motto seiner Artikelserie, und: "Schluß mit den Halbwahrheiten!" - ein Satz von Pier Paolo Pasolini.

Nicht genug damit, daß Faust seine "Krankheit" öffentlich machte und dadurch die Debatte um Kunst und Aids emotionalisierte. Die zwischen Mitleid und Respekt hin- und hergerissene Szene wurde obendrein geschockt durch die pathetisch vorgetragene Erkenntnis: "Die Kunst der Westens bereitet sich darauf vor zu verschwinden. Die einzige Innovation, die sich logisch aus der Moderne gegenwärtig ergibt, ist die Innovation der Selbstabschaffung der Kunst." Die verunsicherte Kunstgemeinde zollte Faust zwar Respekt vor seinem persönlichen Schicksal, erklärte aber dessen Ausführungen zum "Verschwinden der Kunst" für überspannt. Mad Max Faust.

Noch bevor das Buch Anfang Mai 1993 erschien, rechtzeitig zum World Aids Congress in Berlin, heizte Faust die Diskussion an. Er hielt Vorträge und Lesungen, gab dem Spiegel ein Interview, veröffentlichte in Art Auszüge aus seinem Manuskript. Zentrale Thesen: Kunst sei Ausdruck des "ungelebten Lebens", symbolischer Tod auf Raten. Es gebe Wichtigeres im Leben: Tai Chi, Meditation, Tango. Aus dem Munde eines Kritikers, der seit 25 Jahren im Geschäft und dessen Name mit Neo-Expressionismus und Transavanguardia eng verknüpft war, klang diese Erkenntnis schief und sie kam reichlich spät.

Trotz aller Sentimentalitäten und dem mitunter weinerlichen Ton: Faust hat keine Betroffenheitsliteratur wie Hervé Guibert ("Mitleidsprotokoll") geschrieben, sondern wie Derek Jarman einen widersprüchlichen autobiographischen Report. Das Buch hat keine neue Aids-Philosophie zu bieten, wohl aber eine Botschaft: Schützt euch vor Aids! Kritiker warfen ihm vor, Aids als "Krankheit" zu akzeptieren, statt als gesellschaftliches Konstrukt zu kritisieren. Tatsächlich sind die Szenen am Sterbebett seiner Freunde Klaus Ebbeke oder Christian Borngräber von einer rührseligen Banalität.

Faust ließ sich schulmedizinisch mit AZT, anthroposophisch mit Injektionen aus Misteln behandeln und stärkte Geist und Psyche durch Tai Chi. Die narrative Parallel-Struktur von "Dies alles gibt es also. Alltag, Kunst, Aids" ermöglicht die Metaphorisierung eines Bereiches durch den anderen. Aids wird zur Metapher einer todessehnsüchtigen und regressiven Kunst, Rückkehr zum Mythos.

Das Buch verhält sich komplementär zur Entwicklung einer von der Postmoderne elektrisierten Kunst Ende der achtziger Jahre. Die Theorie baute ihre Vormachtstellung aus. Der Diskurs wurde nach allen Regeln der frankophilen Philosophie durchkonjugiert und erstarrte in Jargons.

Darüber erschrocken, daß Aids als Metapher für die Situation der Kunst mißverstanden wurde, korrigierte er kurz vor seinem Tod, frei nach Novalis, seine Sicht auf Alltag, Aids, Kunst. Nicht die Kunst als solche, aber die Kunst, wie wir sie bislang kennen, werde verschwinden und einer neuen Platz machen: "Menschwerden ist eine Kunst."

In der Nacht zum 21. November 1993 nahm er sich im Alter von 49 Jahren das Leben. Zu seinem Begräbnis hatte er nur wenige Menschen eingeladen. Die Nachricht steckte in handschriftlich adressierten Kuverts. Faust hatte nicht nur seinen Freitod durch Erhängen, sondern auch das Begräbnis penibel vorgeplant.

Postmoderne Propaganda

Als sich Ende der achtziger Jahre die Staaten Osteuropas sukzessive aus der sowjetischen Hegemonie befreiten und sich das Verhältnis der beiden Großmächte USA und UdSSR entspannte, erlebte der Kunstmarkt eine schwere Finanzkrise. Bestand da mehr als nur ein psychologischer Zusammenhang? Jean Baudrillard nannte in "Das Jahr 2000 findet nicht statt" die Entspannungspolitik zwischen Ost und West einen "perfekten Teufelspakt. Wir bitten den Osten um das Bild der Freiheit, im Austausch gegen die materiellen Zeichen der Freiheit."

Tatsächlich offenbarte sich in der Folgezeit der ökonomische Druck hinter den politischen Sonntagsreden. Ob Golf-Krieg, Jugoslawien-Konflikt oder der vereitelte Staatsputsch in Moskau: Jeder Krisenherd erbrachte mehr oder weniger blutig den Beweis, daß in der Kapitalanordnung demokratischer Gesellschaften zwar die Meinungen, die Waren und die Waffen austauschbar sind, nicht aber die Märkte.

Der Wille der institutionellen Bürokratie zur Eroberung neuer Absatzmärkte im Osten produzierte Phänomene, die historisch als überwunden galten, und die auch auf die Kunst übergriffen. Nationalismus, Rassismus oder Antisemitismus - diese marktwirtschaftlich generierten Marketingstrategien entpuppten sich als "Verkaufsschlager".

Die postmoderne Propaganda des "anything goes" legte nahe, daß die Kunst am Ende einer entwicklungsgeschichtlichen Evidenz angelangt war. Der Begriff der Innovation hatte ausgedient. Das Modell der klassischen Avantgarde-Bewegung, wonach Kunst nicht lediglich den vorangegangenen bzw. den konkurrierenden Kunstbegriff, sondern darüber hinaus ihren eigenen in Frage zu stellen habe, galt als überholt. Kunst der achtziger Jahre stilisierte ihre Krise.

Jene Kunst, die noch nicht wie bei Koons oder Steinbach zum hohlen Design korrumpiert worden war, reagierte mit Verweigerung, verließ die Institutionen, ging an die Peripherie. Auch wenn frustrierte Theoretiker wie Peter Weibel die Kunst zum Gegenstand der Philosophie degradierten und das postmoderne Gespenst vom Ende der Geschichte die Runde machte - diejenigen Künstlerinnen und Künstler, die sich zu einer Denkpause in die Ateliers und Hinterhöfe zurückzogen und dem bürgerlichen Kulturbetrieb die Legitimation verweigerten, ließen sich vom angeblichen Paradigmenwechsel der Kunst von der Funktion zur Fiktion nicht affizieren.

Marcuse revisited

Ende der siebziger Jahre - die 68er beendeten gerade ihre Habil-Schriften - wurden neue Richtlinien der Jugendkultur formuliert, insbesondere jene zur Beziehung von Underground und Politik. Punk, ganz in der Tradition der Boheme, definierte sich über gesellschaftliche Negativa wie Krankheit, Selbstzerstörung und Tod. Ohne ein explizites politisches Programm angetreten (vielmehr als Reaktion auf die Verknöcherung der Linken entstanden), erzielte Punk dennoch eine politische Wirkung: In seinem Schatten gediehen Basisgruppen, Antifas und bohemistische Künstlerzirkel, wurde das Individuum sozusagen kollektiviert.

Die scheinbar unpolitische Technobewegung der neunziger Jahre hat die gegenkulturelle Werteskala der Punkbewebung vollständig absorbiert und an deren Stelle einen Kanon ästhetischer Zeichenbeziehungen gesetzt. Dies in einem kausalen Zusammenhang mit dem Siegeszug der "Neuen Technologien" und schließlich mit dem Burnout des Sozialismus in Osteuropa in Verbindung zu bringen, verstellt den Blick auf den subkulturellen Appeal von Techno. Was nach der massenidustriellen Verwertung an oppositionellen Partikeln noch übrig bleibt, wird vom Kulturbetrieb pulverisiert.

Marcuse revisited: Der Kulturindustrie geht es noch immer darum, Kultur an die Stelle der Politik zu setzen und die Ideale von Freiheit, Gleichheit, Brüderlichkeit zu seelischen Qualitäten zu pervertieren, sie in das Individuum zu implementieren.

Die unvollendete Moderne

Jürgen Habermas unterscheidet in "Die unvollendete Moderne" drei konservative Grundtypen der seiner Überzeugung nach "unvollendeten" und deshalb im Sinne der Aufklärung "neu zu befruchtenden" Moderne: den Jungkonservatismus, den Altkonservatismus und den Neukonservatismus. Dabei diene "die Ernüchterung, die die gescheiterten Programme der falschen Aufhebung von Kunst und Philosophie hinterlassen haben, dienen die sichtbar gewordenen Aporien der kulturellen Moderne als Vorwand für die konservativen Positionen". Der Antimodernismus der Jungkonservativen (Nietzsche, Bataille, Foucault und Derrida) liegt nach Habermas in der Hinwendung zur Subjektivität begründet. Die Altkonservativen (Leo Strauss, Hans Jonas, Robert Spaemann) "verfolgen den Zerfall der substantiellen Vernunft und empfehlen eine Rückkehr zu Positionen vor der Moderne".

Der Neukonservatismus schließlich (der frühe Wittgenstein, der mittlere Carl Schmitt, der späte Gottfried Benn) beruhe auf drei Grundannahmen: "daß die Wissenschaft für die Orientierung in der Lebenswelt ohnehin bedeutungslos geworden ist, daß die Politik tunlichst von Forderungen moralisch-praktischer Rechtfertigung freizuhalten ist. Und eine dritte These behauptet die reine Immanenz der Kunst, bestreitet ihr den utopischen Gehalt, beruft sich auf ihren Scheincharakter, um die ästhetische Erfahrung im Privaten einzukapseln." ("Die unvollendete Moderne", in: "Wege aus der Moderne". Hg. von Wolfgang Welsch. Weinheim 1988)

Habermas wirft der postmodernen Theorie, die er grob mit dem Strukturalismus gleichsetzt, grundsätzlich vor, "einen Typus von Rationalität - den ästhetischen - über alle anderen herrschen zu lassen" (Wolfgang Welsch) und gesellschaftliche Pluralität, dies eine Kernforderung der Postmoderne, zugunsten "einer Aneignung der Expertenkultur aus dem Blickwinkel der Lebenswelt" (Habermas) zu vereinheitlichen.

Der Text produziert Bilder, um sie kritisieren zu können

Eugen Gomringer publizierte 1954 den zunächst wenig beachteten Aufsatz "vom vers zur konstellation. zweck und form einer neuen dichtung". Darin polemisiert er gegen die hermetische Lyrik und plädiert für eine neue, an den kommunikativen Bedürfnissen der Gesellschaft orientierte Dichtung. Dichtung, so Gomringer, müsse der Gesellschaft nützlich sein. Die fortschreitende Technisierung der Welt verändere auch deren Mittel und Zweck. Typo- und Topographie sollten das neue Gedicht nach kommunikativen Kriterien organisieren, es vor allem einfach und überschaubar gestalten. Das neue Gedicht sei Seh-, Gebrauchsgegenstand und Denkspiel zugleich. Es müsse allgemein verständlich und memorierbar, universell sein.

Gomringers Bestandsaufnahme erscheint in einer poetologischen Perspektive zwar richtig, aber sie verfehlt in der Gleichsetzung der Kunst mit Kommunikation sozusagen das Thema. Der fortschreitende Prozeß der medialen Inbetriebnahme der Welt hat einen Abstraktiongrad erreicht, der allenfalls noch überindividuelle Gruppen erreicht. Gerade Künstlerinnen und Künstler praktizieren eine Kommunikation auf der Basis der Desinformation, des produktiven Irrtums, des fortwährenden Austauschs zwischen einem Sender, der auf Empfang geschaltet ist, und einem Empfänger, der im Augenblick der Nachrichtenübermittlung schon auf Sendung geht.

Der Text produziert Bilder, um sie kritisieren zu können. Der Text löst die Bilder in einzelne Zeilen, in Schrift auf. Die Moderne ist zum Synonym für die Zähmung der Bildmaschine durch die Schrift geworden. Die Apologeten der Neuen Medien dagegen propagieren die Rückkehr der Bilder, ihren Aufstand gegen die Zeichen und die Schrift. Kunst verlangsame wegen ihrer romantischen Ideale der Sinnstiftung geradezu die Evolution und werde mit der Etablierung der bilderzeugenden digitalen Codes ihre lineare Denkfunktion zugunsten einer multidimensionalen, zur Bildkritik nicht mehr fähigen Informatik in absehbarer Zeit einbüßen und faktisch zu existieren aufhören. Der Rechner addiert und subtrahiert punktuelle Impulse zu Flächen und komputiert aus diesen Punkten Bilder, und zwar in einem para-sprachlichen Akt von Eingabe und Aufruf.

Mit der Überwindung der Vorstellung, daß "das Denken ein fortschreitender Prozeß ist, der sich von Bildern, von Vorstellungen loslöst, sie kritisiert, um immer begrifflicher zu werden", so Vilém Flusser, werde das digitale, von Ideologien befreite Denken obsiegen.

Pictorial Turn

Der amerikanische Literatur- und Kunstwissenschaftler W.J.T. Mitchell meint alles andere als eine Rückkehr der Malerei, wenn er vom "Pictorial Turn" spricht ("Der Pictorial Turn", in: "Privileg Blick. Kritik der visuellen Kultur". Hg. von Christian Kravagna. Berlin 1997). Demnach löse das Bild das Zeichen als Gegenstand der Human- und Kulturwissenschaften ab, ohne dabei aber in das alte Mimesis-Modell zurückzufallen.

Weil die in den letzten zwei Jahrzehnten dominierende linguistische Vorstellung verbraucht sei, wonach die Analyse von Bedeutung ausschließlich durch das Modell der Sprache bestimmt wird, ist, so Mitchell, McLuhans Fiktion einer von Bildern beherrschten Kultur technologisch machbar geworden. Trotz einer immens angestiegenen Bildproduktion "wissen wir heute immer noch nicht genau, was Bilder sind, in welchem Verhältnis sie zur Sprache stehen, wie sie sich auf Beobachter und die Welt auswirken", gibt Mitchell zu. Wir wissen aber, daß Arnold Schwarzeneggers Terminator das CNN-Spektakel Desert Storm erst möglich gemacht hat.

Und was treibt die Kunstgeschichte? Statt sich mit dem Overkill an visueller Repräsentation auseinanderzusetzen und so eine Leitfunktion für die Humanwissenschaften zu erlangen, entdeckt die Kunstgeschichte jetzt erst den "Linguistic Turn", polemisiert Mitchell. Sein Plädoyer in Richtung Kunstwissenschaft: Erwin Panofskys Wissenschaft von den Bildern (Ikonologie) mit Louis Althussers Wissenschaft vom falschen Bewußtsein (Ideologie) zu verkoppeln, d.h. die Ideologie als Gegenstand einer diagnostizierenden Ikonologie zu verstehen.

Ausgehend von Panofskys klassischem Aufsatz "Die Perspektive als symbolische Form" (1924), rekonstruiert Mitchell Panofskys Ikonologie-Begriff als "Begegnung zwischen 'Ikon' und 'Logos'", was weit hinausführt über das Studium der bildenden Künste, "hin zur grundlegenden Konstituiertheit des menschlichen Subjekts sowohl durch Sprache als auch bildliche Darstellung" .

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"Wer mit den Juden ging wie mit den Linken, machte Karriere", bellt Syberberg. Harald Schmidt ist leicht irritiert. Christa Wolf präzisiert: "Eine kleine Gruppe von Antifaschisten, die das Land regierte, hat ihr Siegerbewußtsein zu irgendeinem nicht genau zu bestimmenden Zeitpunkt aus pragmatischen Gründen auf die ganze Bevölkerung übertragen." "Gesinnungsästhetik", quatscht Ulrich Greiner dazwischen. Naja, sagt Harald Schmidt, die nachfolgende Werbung wird Ihnen präsentiert von ...

Marius Babias hat diesen Vortrag am 18. September auf dem Symposium "Vision Zukunft #2 - Kunst in der Demokratie" im Künstlerhaus Mousonturm, Frankfurt am Main, gehalten.