Schöpferische Zerstörung

Kühe sind lila. Das lernt jedes Kind schon in der Grundschule. Spätestens dann, wenn die schuleigenen Computer von Suchard oder Kraft Foods gesponsert und mit dem passenden Bildschirmschoner ausgestattet sind. Für die etwas Größeren muss da schon mehr her, zum Beispiel ein Daimler-Chrysler-Hörsaal, der dem FDP-Generalsekretär Westerwelle lieber ist als eine »vergammelte Johann-Wolfgang-von-Goethe-Aula«.

Public Private Partnership (PPP) ist nicht nur ein Begriff für Nicht-Regierungsorganisationen, die in Kriegsgebieten quasi-staatliche Aufgaben übernehmen, sondern auch für die Zusammenarbeit zwischen Hochschulen und Wirtschaft. Das Spektrum reicht dabei von informellen Austauschbeziehungen über vertraglich abgesicherte Kooperationen bis hin zur Gründung gemeinsamer Forschungseinrichtungen.

Sponsoring gehört dazu, wenn die Gesetze des Marktes in die Bildungseinrichtungen getragen werden. Was den einen als kommerzielle Übernahme einst werbefreier Räume erscheint, begrüßen die anderen als farbenfrohen Beweis neu gewonnener Autonomie.

Globalhaushalte schaffen die rechtlichen Möglichkeiten, knappe staatliche Mittelzuweisungen den materiellen Zwang. Auf der Suche nach neuen Finanzquellen können sich Hochschulleitungen so einiges einfallen lassen. Fast harmlos ist die Anpreisung von Microsoft-Produkten auf der Rückseite der Immatrikulations-Bescheinigungen der FU Berlin. Anders sieht es aus, wenn ganze Lehrstühle finanziert werden.

An der Hochschule der Künste (HdK) in Berlin entstand eine Professur, die am Namen des Sponsors keinen Zweifel lässt: Deutsche Bank 24-Professur für Multimediale Kunst. Freiheit von Forschung und Lehre ist das eine, Wissenschaft im Zeitalter der Dienstleistungshochschule das andere: »Ziele sind die Optimierung der künstlerisch-wissenschaftlichen Ausbildung der Studenten und ein Image- und Know-How-Transfer für beide Partner«, heißt es in der Selbstdarstellung der HdK. Das Projekt beruht nicht auf altruistischem Mäzenatentum, sondern auf Leistung und Gegenleistung.

Eine »Renaissance der Selbständigkeit« strebt das Bundeswirtschaftsministerium mit seiner Initiative zur Schaffung von Existenzgründerlehrstühlen an: Entrepreneurship als Revival eines längst vergessen geglaubten Nationalökonomen. Josef A. Schumpeter sah im Unternehmer die Zentralfigur kapitalistischer Entwicklung. Erst die Ideen und der Tatendrang des unternehmerischen Einzelnen bringen Schwung, oder wie Schumpeter es ausdrückte: »schöpferische Zerstörung« in die Ökonomie. In Deutschland sei davon jedoch wenig zu spüren. Gründergeist müsse bereits in den Klassenzimmern, spätestens jedoch an den Hochschulen erlernt werden, betonte der parlamentarische Staatssekretär im Bundeswirtschaftsministerium Siegmar Mosdorf bei der Vorstellung der Initiative im Oktober vergangenen Jahres.

Ungefähr 20 Gründerlehrstühle finden sich an deutschen Hochschulen, einer davon an der TU Dresden. Neben dem vom Software-Unternehmen SAP-Walldorf finanzierten Existenzgründerlehrstuhl »Technologieorientierte Existenzgründungen und Investitionsmanagement« kann die Technische Universität auf neun weitere Stiftungsprofessuren verweisen.

Wissenstransfer, Kooperationen der Hochschulen mit der Region, Vermittlung von Erkenntnissen außerhalb des Elfenbeinturms - die vormaligen Schlagworte auch kritischer Reformgeister lassen heute nur eine Lesart zu: Kommerzialisierung. Ideen wie die von Kuratorien, in denen lokale Wirtschaftsvertreter nur eine Gruppe neben Sozialhilfe-, Umwelt-, Frauengruppen und Gewerkschaften sind, stehen nicht mehr zur Debatte. Schließlich kann ja inzwischen jede(r) an der Dienstleistungshochschule teilhaben - vorausgesetzt, das nötige Kleingeld ist vorhanden.