Alternative Lebensformen

Neuer Platz, neues Glück

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Der Helmholtzplatz im Prenzlauer Berg ist ein ganz besonderer Platz. Während er der FAZ zufolge »inzwischen Kultstatus genießt«, wurde er im Februar 2000 von der Polizei als »gefährlicher Ort« eingestuft. Denn im Kiez gibt es Probleme - Probleme mit Tradition, wie die Stadträtin für Gesundheit und Umwelt Ines Saager (CDU) weiß. Im Interview mit dem Kiezblatt Helm und Holz gab sie sich als Kennerin der Szene zu erkennen: »Im Prenzlauer Berg gab's schon früher Alkoholprobleme und der Helmi-Kiez war doch immer ein Viertel kleiner, auch armer Leute.«

Doch die Zeiten ändern sich. Edle Etablissements und renovierte Fassaden zeugen von einer aufstrebenden Gegend. Zwischen »Drei«-Bar und »Wohnzimmer« treffen sich die neuen Kiezbewohner zu Flirt, Schwatz und Brainstorming. Auch viele »Sozialwanderer aus den alten Bundesländern« (Saager) fühlen sich hier wohl. Damit das so bleibt, soll nun auch der Platz umdefiniert werden.

Zum Beispiel, indem man so tut, als hätte es den Platz und seine Anwohner vorher gar nicht gegeben. Der Presse zufolge wird er von »Trinkern«, »Pennern«, »Hunde-Punks«, »Obdachlosen«, »Trunkenbolden«, »Rauschgiftsüchtigen«, »Junkies«, »Alkoholikern«, »Drogendealern«, »Randalierern«, »betrunkenen Platzbewohnern« und »Störenfrieden« okkupiert. Dass der Helmholtzplatz für viele Anwohner nach wie vor die gute Stube des Kiezes ist, scheint heute vergessen.

Denn kaum war der »Helmi« in mehr als zweijähriger Bauzeit komplett saniert, klangen die Reden zur Eröffnungsfeier am 13. Juli so, als hätte man mit der Umgestaltung den Platz neu erfunden. Landschaftsarchitekt Thilo Mittag meinte: »Der Helmholtzplatz ist noch eine kleine Pflanze, die Hilfe und Zuwendung braucht.« Und nach dem Wunsch des Sozialstadtrates Andreas Bossmann (PDS) sollen künftig in einer so genannten Charta »Verhaltensmaßregeln« für die Parkanlage festgelegt werden.

Die kommunale Hardware der Zäune, Tore und Wege soll ergänzt werden durch eine moralische Software für die Normierung des Verhaltens im öffentlichen Raum. Nur für die Polizei gelten offenbar eigene Regeln. Mit Razzien und Platzverweisen ging sie in den Tagen vor der Wiedereröffnung gegen die sogenannte Trinkerszene vor. Evelin Lämmer zufolge, der sozialpolitischen Sprecherin der PDS-Fraktion, waren die Einsätze nicht vom Gesetz gedeckt.

Darauf aber kommt es dem Bezirksbürgermeister Alex Lubawinski (SPD) ohnehin nicht an: »Das Bezirksamt hat die Einsätze nicht veranlasst, begrüßt aber den intensiven Kampf der Polizei gegen die Drogenszene.« Entscheidend ist allein das Ergebnis: Auf dem vermeintlich neuen Platz ist kein Platz mehr für bestimmte Gruppen.

Der Dienststellenleiter des Polizeiabschnitts 76, Polizeihauptkommissar Günter Ellermann, betont zwar: »Wir greifen nur ein, wenn es zu Ordnungswidrigkeiten kommt.« Dennoch nennt er drei Problemgruppen, auf die es seine Beamten am Helmholtzplatz besonders abgesehen hätten: »Drogendealer, Trinker und frei laufende Hunde.«