Abfindungen für Mannesmann-Manager

Verzwickelt

Alle Achtung, gut zehn Tage nach dem Artikel des Spiegels über die Rolle des IG Metall-Vorsitzenden Klaus Zwickel im Zusammenhang mit Abfindungszahlungen an Mannesmann-Manager räumt der Metallgewerkschafter ein, Fehler gemacht zu haben. Zur Erinnerung: Im Winter 1999/2000 tobte der Übernahmekampf zwischen dem britischen Telekommunikationskonzern Vodafone und dem einstigen rheinischen Stahlriesen Mannesmann. Die Briten siegten, und einige Mannesmann-Manager wurden überflüssig. Der Abschied wurde ihnen mit 160 Millionen Mark versüßt. Davon kassierte der damalige Vorstandsvorsitzende, Klaus Esser, 60 Millionen Mark. Das sei »unanständig hoch und für keinen Arbeitnehmer nachvollziehbar«, gab Zwickel damals zu Protokoll.

»Und warum, Herr Zwickel, haben sie dann den Abfindungszahlungen im Aufsichtsrat nicht widersprochen?« hätte der Spiegel bereits vor eineinhalb Jahren fragen können. Zwickel war als Aufsichtsratsmitglied mit der Materie vertraut. In der entscheidenden Sitzung hat er sich der Stimme enthalten. Zumindest innerhalb der IG Metall wäre der Griff in die Konzernkasse und das Verhalten ihres Vorsitzenden ein wichtiges Thema gewesen. Doch erst als jetzt bekannt wurde, dass die Staatsanwaltschaft unter anderem gegen Zwickel wegen des Verdachts der Untreue ermittelt, wurde aus dem Vorgang eine öffentliche Geschichte.

So unter Druck geraten, gesteht Zwickel inzwischen ein, es wäre wohl klüger gewesen, gegen die Abfindungszahlungen zu stimmen. Er hätte sie zwar nicht verhindert, sich aber einigen Ärger erspart. Nach deutschem Aktienrecht sind Aufsichtsräte von Aktiengesellschaften paritätisch besetzt. Bei einem Patt zählt die Stimme des Aufsichtsratsvorsitzenden, der immer von der Kapitalseite gestellt wird, doppelt.

Diese Art der Mitbestimmung wird von Gewerkschaftsvertretern gerne als ein Geben und Nehmen verkauft. Wenn man etwas bekommen will, macht man sich nicht mit permanentem Widerspruch unbeliebt. In kritischen Situationen enthält man sich lieber der Stimme. Es stünde den Gewerkschaften gut zu Gesicht, über ihre Rolle in den Aufsichtsräten nachzudenken. Diese Gremien richten nicht wirklich etwas aus, und ihrer Pflicht, Aufsicht zu führen, können sie aus verschiedenen Gründen nicht nachkommen. Ihre Mitglieder machen den Job nebenbei und sind auf das angewiesen, was ihnen der Vorstand an Material zur Verfügung stellt. Zudem wird ihnen eine Schweigepflicht auferlegt.

Entscheidungen werden ohnehin vor Aufsichtsratssitzungen in anderen Gremien wie Unternehmensvorständen und Konzernbetriebsräten getroffen. Irgendwie schaffen es die Gewerkschaftsvertreter dennoch immer wieder, ihrer Klientel nachteilige Entscheidungen als den besten möglichen Kompromiss zu verkaufen.

Um des sozialen Friedens willen wird von den Gewerkschaften so manche Kröte geschluckt. Ihre Funktionäre reden sich dann damit heraus, dass es im Interesse des Gemeinwohls eben besser sei, wenn tausend Arbeitsplätze gerettet, dabei aber 500 Menschen ins soziale Elend gestürzt würden. Dafür gibt es das schöne Wort vom Sachzwang.

Genau das ist der Skandal. Die Gewerkschaften erledigen für das Kapital die Drecksarbeit. Gewerkschaften in Deutschland sind eben keine Widerstandsbewegung gegen die Gräueltaten des Kapitals, sondern Regulierungsbehörden zur Ruhigstellung der abhängig Beschäftigten. Und wenn Gewerkschaftsbeamte wie Zwickel mit monatlich 24 ooo Mark »entschädigt« werden, verlieren sie leicht die Bodenhaftung. Am Ende bleibt es der Basis überlassen, einen Rückholdienst einzurichten.