Das Außen wird zum Innen

Gibt es nur »das Bestehende oder den Terror«? Über dynamische Kontrollen, flexible Militärinterventionen, islamistische Mikrounternehmer und die Kulturalisierung des Politischen.

I.

Der Terrorangriff auf das World Trade Center ist ein historischer Einschnitt. Auf dieses Ereignis mit einer ideologischen Ableitung zu reagieren - wie der These, die strukturelle Gewalt der kapitalistischen Verhältnisse bringe als irrationale Kehrseite islamistischen Terror hervor -, zeigt das traurige Scheitern derer, die Geschichtlichkeit in einem vorgeprägten Raster ideologischen Wissens begreifen. Diese Vorgehensweise betrügt um das Ereignis selbst, um seine Kontingenz und um die Unterschiedlichkeit der Gründe, die zu ihm geführt haben.

Das Problem ideologischer Ableitungen ist nicht, dass sie inhaltlich falsch wären. In der Grammatik korrekter Contents kann man mit ihnen korrekte Sätze hervorbringen; problematisch ist die mit ihr verbundene Art des stereotypen Denkens. Die entsprechenden Thesen reichen nicht aus; sie sind reduktionistisch, zirkulär und unspezifisch. Sie haben keine Erklärungskraft und nivellieren das Ereignis auf das, was wir schon vorher wussten. Der Terrorangriff auf das World Trade Center war aber mehr, als wir gewusst haben. Er war unwahrscheinlich. In einem gewissen Sinn war das Ereignis dem Wissen voraus und damit auch eine krasse Erinnerung daran, dass Geschichte kontingent ist. Seit dem 11. September haben wir eine riskante, äußerst politische Situation vor uns.

Die reaktionäre Struktur des Terroranschlags, seine extrem imaginäre und katastrophische Kraft und seine gleichzeitig materielle, vernichtende Gewalt, mit der eine Art technologisch präzises Totenfest inszeniert wurde, verändern das politische Feld auf vielen Ebenen zugleich. Das Zentrum, das es nicht gibt, ist getroffen worden; der SciFi ist eingetreten.

Der Terroranschlag ist ein Katalysator nach rechts; er hat eine starke transitorische, verändernde Kraft und macht schon länger existierende hegemoniale Strategien auf einen Schlag in einer neuen Dimension politisch funktional, vor allem die Etablierung eines flexiblen Polizei- und Kontrollregimes nach innen und außen und eine rechte Kulturalisierung des Politischen. Es gibt die Gefahr eines gesellschaftlichen Konsenses, der besagt, dass es nur das Bestehende oder den Terror gebe.

In der BRD katalysiert der Angriff auf das WTC sowohl das Interesse, an internationalen Militäreinsätzen teilzunehmen, eine eigenständige Kraft in militärischen Operationen zu werden und mit der KSK eine professionalisierte Eingreiftruppe zum Einsatz zu bringen, als auch die Erweiterung dessen, was als administrative Innenpolitik verstanden wird. Hierbei tritt das Innen tendenziell als das Innen der EU auf, dessen Regulierung auch das außereuropäische Innen, zum Beispiel unter den Stichpunkten Fluchtprävention und Terrorabwehr, mitstrukturiert.

Otto Schilys umstrittenes Anti-Terror-Paket macht die Konturen einer extensiven Sicherheits- und Kontrollpolitik deutlich. Auch wenn das Lesen eines auf einem Chip gespeicherten Fingerabdrucks noch eine Fehlerquote von 21 Prozent aufweist, zeichnet sich ab, dass es häufiger zum Einsatz computerisierter statistischer Kontrollverfahren kommen wird.

Das beinhaltet beispielsweise die Erhebung biometrischer und genetischer Daten, deren massenhafter Abgleich schon bei Ermittlungen gegen Sexualverbrechen erprobt wurde. Hinzu kommt die noch stärkere Kontrolle neuer Technologien, zum Beispiel von E-Mails oder Mobiltelefonen, sowie die Thematisierung eines diffusen Cyberwars. Auch die Zuständigkeit des Bundeskriminalamt (BKA) wird erweitert - für »Hacker- und Computerverbrechen«; zur »vorbeugenden Terrorismusbekämpfung«, also zu verdachtsunabhängiger Datenerhebung und -speicherung; die der Trennung zwischen Polizei und Geheimdiensten wird tendenziell aufgehoben usw.

Gleichzeitig wird klar, dass an erster Stelle eine Normalisierung und Kontrolle der ethnifizierten Anderen konzipiert wird. Das zeigen die Beispiele der Rasterfahndung, der geplanten »Abschiebung auf Verdacht« und die Vorschläge, Fingerabdrücke möglichst in der gesamten EU im Visa-Verfahren abzunehmen und die von AsylbewerberInnen gespeicherten Fingerabdrücke bei strafrechtlichen Ermittlungen kollektiv heranziehen zu dürfen.

Auch das macht jetzt neuen Sinn, waren es doch die Araber, die den Terroranschlag ausgeübt haben. Deshalb ist es wichtig, daran zu erinnern, dass zum Beispiel in Berlin vor allem der Ring Christlich Demokratischer Studenten an den Universitäten Kontakt zu islamistischen Gruppierungen gepflegt hat, während die Kritik am politischen Islam eher von linken Zusammenschlüssen, vor allem von StudentInnen mit migrantischem Hintergrund geübt worden ist. Aus der rassistischen Doppelstrategie dieses Landes, die Leitkultur, Entrechtung und Assimilationszwang mit kulturalistischem Exotismus koppelt, erklärt sich, warum das xenophobe Vorurteil im Moment in sein eigenes Gegenteil umschlägt: Der angepasste HighTech-Migrant, der gar nicht sichtbar und unserer Ökonomie dienlich war, der nichts mit »KrassmeinVatermachtDönerbudeoderwas« zu tun hat, ist jetzt die gemeinste Bedrohung der Deutschen auf der Suche nach dem nützlichen Ausländer.

Die Rasterfahndung nach dem sleeping migrant ist ein rein technokratisches Repressionsmittel, das die politischen Verbindungslinien des Islamismus zu den Konservativen dethematisiert und blind für alle seine Entwicklungsgründe ist. Gleichzeitig zeitigt es im Rahmen des Staats- und Massenrassismus, diesmal in seiner antiislamischen Version, ein starkes politisches Feedback.

Ein Ultimativismus in Teilen der radikalen Linken, ein schlichter Voluntarismus, dass das, was ist, nicht sein soll, bringt im Moment einige Leute dazu, in der Überbietung der bürgerlichen Position politischen Halt zu suchen. Sie übersetzen das leere Formular »Es gibt nur das Bestehende oder den Terror« mit den Worten »Es gibt nur Kapitalismus oder Barbarei«. In der Konsequenz heißt das, dass ein Teil der Linken, der sich auch in der Jungle World artikuliert, keine Kritik an einer neuen Formierung polizeilicher Sicherung und kapitalistischer Normierung nach innen und außen übt.

Diese Position ist indifferent gegenüber der Logik inkonsistenter hegemonialer Strategien, mit denen ein dynamisches Kontrollregime auszubilden versucht wird, das nun - angesichts des totalen Kontrollverlusts - von der Finanzierung und Ausbildung islamistischer Gruppierungen als antikommunistische Waffe auf ihre partielle militärische Beseitigung umstellt. Dieser strategische Übergang ist Teil eines größeren Übergangs, den die reaktionäre Struktur des Terrorangriffs - darin liegt seine aktive historische Kraft - zu beschleunigen scheint.

Vielleicht kann man diese Transformation als Passage zum Empire beschreiben, in dem das Gesellschaftliche und die Gesellschaften tendenziell immer stärker unter die Logik des Kapitalprozesses subsumiert werden, und alle Antagonismen, Widersprüche und Differenzen sich immanent in den Poren des Systems artikulieren. Das Außen scheint zu einem eingefalteten Innen geworden zu sein, womit der kategoriale Unterschied zwischen Innen- und Außenpolitik schwindet. Das, was jetzt passiert, erschöpft sich nicht in einer militärischen Operation, mit der das religiös-paranoische System der Taliban und das terroristische Netzwerk al-Qaida wie mit dem Lichtschalter ausgeschaltet werden.

Wahrscheinlich geht es um eine Tendenz, das gesellschaftliche Feld weiter in Richtung einer globalisierten Normalisierungspolitik zu entwickeln, in der das Bestehende nicht mehr durch politische Praktiken oder Aktionen infrage gestellt wird, sondern durch das Abnorme, Gefährliche, Kriminelle und Menschenrechtsverletzende, also durch Drogen, Terror, ethnischen Hass, organisierte Kriminalität, religiösen Fundamentalismus usw., also von Phänomenen, die nicht aus ihrer politischen Entwicklungsgeschichte und in ihrem politischen Ausdruck begriffen werden, sondern wie Naturkatastrophen, die über das hereinbrechen, was ist.

In der Region selbst, in Afghanistan und Pakistan, kritisieren sowohl liberale Kräfte wie die Revolutionäre Frauenassoziation Afghanistans (www.rawa.org), pakistanische Friedensgruppen und GewerkschaftsvertreterInnen als auch sozialistisch orientierte Parteien wie die Labour Party Pakistan (www.labourpakistan.org) und die Revolutionäre Organisation der Arbeit Afghanistans eine »militärische Lösung des Problems Taliban«, wie sie sich seit dem Beginn der Bombardierung Kabuls und anderer afghanischer Städte abzeichnet.

II.

Die Diskussion über den politischen Islam und über den Terroranschlag führt auf ein historisches Plateau, das bestimmte Überfaltungen moderner Herrschaftsverhältnisse und -strategien zeigt. Eine historisch sehr ausdauernde Linie ist der europäische Orientalismus und Kolonialismus, der nicht aus dem Archiv des politischen Gedächtnisses herausfallen sollte. Haldun Gülalp, ein Theoretiker, der an der Bosporus Universität in Istanbul arbeitet, thematisiert zum Beispiel das Erbe des Orientalismus im Islamismus und weist darauf hin, dass seine antiwestliche Ideologie eine tiefe historische Verbindung mit dem antiöstlichen Denken des europäischen Kolonialismus unterhält. Der Islamismus behält den irrationalen Glauben an einen essenziellen Unterschied zwischen Ost und West bei und dreht nur die Vorzeichen herum. Schon auf dieser diskursiven Ebene zeigt sich, dass der Islamismus ein retroaktives spätmodernes Phänomen ist, ein Versuch, auf die Antagonismen der Moderne innerhalb des kapitalistischen Kontexts reaktionär zu antworten.

Deshalb ist es interessant, erneut über das universale Versprechen zu diskutieren, das mit der westlichen Modernisierung und Kapitalisierung des Gesellschaftlichen einhergegangen ist, und das der politische Islam verneint - Aufklärung, Fortschritt, Freiheit, Individualisierung, Glück. Die Kritik der neuen Linken am Universalismus der kapitalistischen Gesellschaften ging folgendermaßen:

Der westliche Universalismus ist partikular, sein Versprechen ist eine Modernisierungs- und Herrschaftsstrategie. Sein Partikularismus kennt mehrere Register. In den Zentren schließt er das, was als minoritär verstanden wird, relativ aus. Tendenziell aber ist er offen für eine Integration des Minoritären, die als permanente Modernisierung der kapitalistischen Vergesellschaftung funktioniert, ein Vorgang, den wir gerade seit 1968 in mehreren Wellen intensiv studieren konnten - die relative Integration der Hippies, der Frauenbewegung, der Homosexuellen, der K-Gruppen, in gewissem Maße des gesamten Kräfteverhältnisses politisch-kultureller Dissidenz von 1968.

Da die so konstituierte Sozialität über alle Modernisierungs- und Transformationsprozesse hinweg antagonistisch bleibt, treibt sie immer neue Formen des Anderen aus sich hervor. Der deutsche Faschismus hat historisch gezeigt, was an Vernichtungskraft mobilisiert werden kann, wenn zu einem bestimmten Zeitpunkt in einer bestimmten gesellschaftlichen Anordnung (faschistische Massenerregung, Unterstützung und Finanzierung des faschistischen Regimes durch die Großindustrie, Scheitern der kommunistischen politischen Praktiken usw.) ein nicht integrierbarer Anderer konstruiert wird.

Dagegen besteht die historische Realität von Kolonialismus und Postkolonialismus darin, dass Massen von Subjekten über eine sehr lange Zeit von einer positiven Form relativer Integration in die kapitalistische Vergesellschaftung strukturell ganz oder weitgehend ausgeschlossen sind.

In diesem Sinne ist der Islamismus eine Form, reaktionären Hass und Ressentiment gegen ein Versprechen zu mobilisieren, das nicht gegolten hat. Frantz Fanon untersuchte in seinem Buch »Aspekte der algerischen Revolution«, wie das Versprechen der westlichen Emanzipation, insbesondere das Versprechen der Emanzipation der Frau, vom französischen Kolonialreich als verwissenschaftlichte Kontrollstrategie eingesetzt wurde.

Fanon beschreibt, wie ausgehend von soziologischen und ethnologischen Studien »Experten für Eingeborenenfragen« ausgebildet und angestellt wurden, die Strategien zur Freisetzung der Frauen aus tradierter Religiösität und Familiarität entwarfen: »Zunächst bediente man sich der ebenso griffigen wie fragwürdigen Formel, wenn wir die Frauen gewonnen haben, dann haben wir den Kampf gewonnen.« Gegenüber dieser Form der Modernisierung als Herrschaft hat Fanon bekanntermaßen eine sozialistische Emanzipation der Gesellschaften im nationalen Rahmen favorisiert.

Dass der Islamismus so stark geworden ist, hat auch mit dem Scheitern dieser Option und des gesamten Dekolonialisierungsprozesses zu tun. Der politische Islam begann nicht zufällig, Ende der siebziger Jahre populärer zu werden, als die steigende Massenarmut verdeutlichte, dass sowohl nationalstaatlich gesteuerte Projekte einer nachholenden Industrialisierung als auch der Versuch, sozialistische Gesellschaften in der so genannten Dritten Welt aufzubauen, gescheitert waren. Den politischen Islamisten, die schon innerhalb verschiedener Staaten recht unterschiedlich auftreten, ist es unter anderem gelungen, den männlichen Teil der verarmten Bevölkerungsschichten in den Städten zu mobilisieren, der seit der Neoliberalisierung der Ökonomie in den achtziger Jahren in den informellen Sektor abgedrängt wird.

Nachdem die Krise der Import-Substitution unabweisbar war, schreibt Haldun Gülalp, stieg die Popularität des Neoliberalismus, die nicht nur auf das bekannte Märchen vom Tellerwäscher, auf die massenhafte ideologische Verkennung des so genannten freien Marktes zurückzuführen sei, sondern auch auf ein materielles Interesse von informellen Mikro-Unternehmern, staatliche Regulierungen zurückzudrängen. »Die Menschen, die im informellen Sektor an den Rändern der Ökonomie als Straßen- und Untergrundhändler arbeiten, sind ihre eigenen privatisierten Kleinunternehmer. Es ist genau dieses Segment der Bevölkerung, das sich für islamistische (genauso wie für rassistische) ideologische und politische Projekte mobilisieren lässt.«

So sollte man auch nicht vergessen, dass der politische Islam, der Neoliberalismus und politische Religiösität meist bestens verbindet, von Anfang an die sozialistische Rhetorik gegenbesetzt hat: statt Revolution wurde Sturz gesagt; statt Praxis Durchführung, statt Volksmassen Umma; statt Kolonialismus und Imperialismus Weltkreuzzug usw.

Deshalb macht es seit den siebziger Jahren für US-amerikanische und regionale Hegemoniestrategien Sinn, den Islamismus, der Almosen und Wohlfahrt statt Umverteilung propagiert, als antikommunistische Waffe einzusetzen. Es ist bekannt, dass die Finanzierung, Bewaffnung und Ausbildung der Mudschaheddin in Afghanistan die größte Operation in der Geschichte der CIA war. Nach Angaben ihres ehemaligen Agenten Philip Agee, der später zu einem der bekanntesten Geheimdienstkritiker der USA wurde, gab die CIA dafür 3,5 Milliarden Dollar aus. Saudi-Arabien zahlte eine ähnlich hohe Summe für den Aufbau der Mudschaheddin, die auch von Pakistan unterstützt wurden. Agee spricht von 20 000 bis 30 000 Freiwilligen aus verschiedenen arabischen Ländern, die in Afghanistan das CIA-Trainingsprogramm durchlaufen haben.

In der Diskussion, welche Linien Islamismus, Modernisierung und Kapitalisierung verbinden, und in welchem Kontext das Phänomen des islamistischen Terrors diskutiert werden kann, stößt man, was den Symbolismus anbelangt, auch auf diffuse Reststücke bestimmter Formen des Antiimperialismus. In einer ihrer stumpfesten Versionen war das vor kurzem in der Zeitung der türkischen Organisation TIKB nachzulesen. Auf der Rückseite druckte sie unter der Überschrift »Die Völker im Kampf vereint« eine Fotoserie ab, die die einstürzenden Türme des World Trade Centers neben einer brennenden israelischen Fahne, den Antiglobalisierungsdemos in Genua und dem Bild eines schwarzen Aktivisten zeigte.

Dass der TIKB bescheuert ist, ist eine Sache. Gleichzeitig ist die Fotoserie aber auch ein Symptom für Kulturkonservatismus, latenten Antisemitismus und quasireligiösen Antiamerikanismus, die als Ressentimentstrukturen, Latenzen und diffuse ideologische Strömungen in der Linken eine Rolle spielen. Die Personalisierung und Verteufelung kapitalistischer Macht in der Rede von »Charaktermasken« und von den USA als »Völkermordzentrale«, die sich auf die Finanzierung reaktionärer nationaler Eliten im Trikont und die Ausbildung der verschiedenen Konterguerillas durch die USA bezog, führten gleichzeitig dazu, dass die Analyse des Kapitalismus als gesellschaftliches Verhältnis und die Rolle der anderen kapitalistischen Zentren vernachlässigt wurde.

Die USA zur Masterchiffre des kapitalistischen Bösen zu machen, verweist auf eine gewisse Religiösität in der antiimperialistischen Linken, die meist mit der Militarisierung und Disziplinierung ihrer politischen Praxis einhergeht. Vielleicht ist es möglich, den Resten dieser politischen Tendenz damit entgegenzutreten, dass die Macht der Zentren immer weniger zu lokalisieren ist, auch nicht im World Trade Center, weil sie sich nicht an einem Ort oder in einer Regierung ausdrückt. Auch wenn die USA eine militärische Supermacht sind, sind sie nicht das Zentrum des kapitalistischen Empires, das sich immer weniger als US-Imperialismus beschreiben lässt.

III.

Der Anschlag auf das World Trade Center hat nicht die kapitalistische Macht getroffen. Sein Effekt ist die Beschleunigung und Sichtbarmachung neuer Formationen kapitalistischer Macht. In der Herbst-Sonderausgabe des diskus (www.copyriot.com/diskus) gibt es einen von den postoperaistischen Arbeiten Toni Negris und Michael Hardts inspirierten Text, der versucht, den Terroranschlag als Phänomen eines Übergangs in einen globalen politischen Raum zu lesen, in dem das Außen im Innen angekommen sei, und in dem Konflikte tendenziell die Gestalt einer polizeilichen Bekämpfung des Terrors annähmen.

Mit dem Begriff des Empire wird versucht, eine Welt zu beschreiben, die räumlich, zeitlich und ökonomisch zusammengerückt ist, ohne dabei gleichförmiger zu werden. Diese Immanenz des Empire zeigt sich deutlicher denn je an der Art, wie die USA zusammen mit Großbritannien versuchen, eine taktische planetarische »Koalition gegen den Terror« aufzustellen. Es wird nicht Napalm auf Afghanistan geworfen, und es werden auch nicht alle Moslems in den USA interniert. Das heißt nicht, dass nicht Tausende von Menschen Militärschlägen zum Opfer fallen könnten, sondern dass die bekannten Reaktionsmuster von Krieg und Imperialismus verunmöglicht sind, und zwar sowohl durch die symbolische Dimension des Anschlags, seine terroristische Botschaft, dass die Sicherheit der Zentren aufgehoben ist, die mit den Anthrax-Anschlägen täglich wiederholt wird, aber auch durch die ökonomische und politische Ineinanderschachtelung der Welt.

Ein Krieg gegen den Terrorismus ist genauso wenig zu gewinnen wie ein Krieg gegen Drogen. Deshalb geht es den hegemonialen Staaten um eine permanente extensive, eher polizeiliche als militärische Kriegsführung. Auf diesem Level der dynamischen Kontrollen, der flexiblen Militärinterventionen und der Kulturalisierung des Politischen im Konsens des »Es gibt nur das Bestehende oder den Terror«, das die Verbindung zwischen dem Bestehenden und dem Terror, seine Geschichte und seine Entwicklungslinien unterschlägt, gilt es, dem Herrschenden entgegenzutreten.