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Ganz differenziert

Flick-Collection. 82,8 Prozent der LeserInnen des Tagesspiegel können nicht irren. Sie sind der Meinung, dass Berlin die umfangreiche Sammlung zeitgenössischer Kunst zu Recht von Friedrich Christian Flick angenommen hat. Am 9. Januar wurde der Leihvertrag unterzeichnet, der die 2 500 Kunstwerke ab 2004 in die Hauptstadt bringt. Sie werden zunächst für sieben Jahre in der Rieck-Halle neben dem Hamburger Bahnhof zu sehen sein.

Um die Flick-Collection gab es kontroverse Diskussionen, und die Jüdische Gemeinde äußerte Bedenken, weil Friedrich Christian Flick die Bilder mit Geld aus dem Erbe seines Großvaters Friedrich Flick erworben hatte. Dieser wurde in den Nürnberger Prozessen als Kriegsverbrecher verurteilt, u.a. weil er zahlreiche ZwangsarbeiterInnen in seinen Werken beschäftigte. Der Industrielle, der auch mit dem »Freundeskreis Himmler« im Bau befindliche Konzentrationslager besichtigte, konnte sein Stahl- und Rüstungsimperium während der Zeit des Nationalsozialismus, aber auch in der Nachkriegszeit kontinuierlich vergrößern. Die Erben des Konzerns beteiligten sich nicht an der symbolischen Entschädigung von ZwangsarbeiterInnen.

Im vergangenen Jahr lehnte die Stadt Zürich die Sammlung des Enkels dankend ab, nicht zuletzt wegen eines Aufrufs deutscher und Schweizer Intellektueller. Peter Härtling, einer der Unterzeichner, sieht die Sache heute »differenzierter«. Schließlich sei die Entschädigung der Zwangsarbeiter auch ohne Flick zustande gekommen.

Size matters

Penis-Prozess. Die Bild-Zeitung ist am Abkacken. So wenige Deutsche wie seit 28 Jahren nicht mehr wollen das Schmierenblatt lesen, und die Auflage ist alarmierenderweise unter vier Millionen gerutscht. Apropos Schrumpfung und nicht groß genug: Kai Diekmann, der Chefredakteur der Bild, will es nochmals wissen im beinahe schon legendären »Penis-Prozess« gegen die taz.

Diekmann hatte die taz wegen einer Satire auf 30 000 Euro »Schmerzensgeld« verklagt, weil ihm darin nachgesagt wurde, er habe sich sein Gemächt auf unschöne Art und Weise aufgerüstet. Das Urteil des Gerichts lautete, dass die taz ihre Vermutungen über Diekmanns Penis nicht wiederholen dürfe, aber auch nicht zahlen müsse. Mit der ungefähren Begründung, dass einer wie Diekmann, der in seinem Blatt nichts anderes mache, als üble Schmutzgeschichten zu erfinden, kaum verlangen könne, selbst nicht zur Zielscheibe von vagen Vermutungen oder satirischem Spott zu werden.

So weit, so gut. Man dachte sich, dass Diekmann nach dieser Niederlage alles dafür tun würde, um Gras über die Sache wachsen zu lassen. Aber nein, die Auflage sinkt, und Diekmann reagiert panisch. Er will noch einmal über seinen Penis verhandeln lassen und ist deswegen in die Berufung gegen die taz gegangen. Um sich nun endgültig lächerlich zu machen. Man muss sich langsam ernsthaft fragen: Wie lange werden wir uns noch mit den Unterleibsproblemen Kai Diekmanns beschäftigen müssen?

Nie mehr Saturday Night Fever

Maurice Gibb ist tot. Warum die Bee Gees immer so gehasst wurden, lässt sich leicht erklären. Sie waren einfach zur völlig falschen Zeit immens erfolgreich. Ende der siebziger Jahre, als die Gruppe der Brüder Gibb mit »Saturday Night Fever« den erfolgreichsten Soundtrack aller Zeiten schrieb, war die Zeit des Punk. Und Punk wollte mit Glitzersakkos und gepflegtem weißen Schuhwerk, also mit Disco, nun wirklich nichts zu tun haben. Disco war der Feind, und damit auch die gelackten Bee Gees mit ihrem tuntigen Falsettgesang, die wirklich für alles standen, was von den Punks so gehasst wurde.

Heute sieht man das alles ein wenig differenzierter. Disco wird als emanzipatorische Jugendkultur der Schwulen gewürdigt, und zu den Mainstream-Disco-Songs der Bee Gees lässt sich allemal besser tanzen als zu Black Flag. Nach Andy Gibb ist nun mit Maurice Gibb bereits der zweite Bee Gee verstorben.

Ungelesene Nummer Eins

Harry Potter. Am 21. Juni kommt der nächste Band von Harry Potter in die Buchläden. Das Buch wird »Harry Potter und der Phönixorden« heißen und führt bereits wegen der Vorbestellungen in England die Bestsellerlisten an.

Neuer Zlatko gesucht

Big Brother. Endemol droht damit, noch in diesem Frühjahr den Big-Brother-Container wieder zu öffnen. In einer modifizierten Form soll das Format, für das sich zuletzt kein Mensch mehr interessierte, erneut über uns kommen. Was »modifiziert« wohl heißen mag? Kameras nun auch in der Kloschüssel? Ob sich nach dem Abflauen des Reality-TV-Hypes dafür überhaupt noch irgendjemand erwärmen lassen wird, ist mehr als fraglich.

Klein findet Pete fein

Awards und Pädophilie. Bei den letzten American Music Awards zog Eminem gehörig Trophäen ab. Was allerdings weit mehr interessierte, waren die Gerüchte über die sexuellen Vorlieben des ehemaligen Kopfes von The Who, Pete Townshend. Er steht im Verdacht, sich aus dem Internet Bildchen mit pädophilem Inhalt besorgt zu haben. Zwar gibt er an, dies nur zu Recherchezwecken getan zu haben, weil er über seiner Autobiografie säße. Im Knabenalter sei er selbst zum Opfer sexuellen Missbrauchs geworden. Doch Elton John kam nach seinem Auftritt bei den Awards dennoch nicht darum herum, öffentlich zu gestehen, er sei von dem Skandal um Pete Townshend »ganz erschüttert«.