Dienst an der Elite

Einführung von Studiengebühren von freerk huisken

Die Einführung von Studiengebühren ist inzwischen beschlossene Sache, und aus den bildungspolitischen Zwecksetzungen wird kaum ein Hehl gemacht. Die Länder wollen sich Kosten ersparen und verschaffen sich deshalb eine neue Einnahmequelle.

Das unterscheidet die staatliche Finanzknappheit von derjenigen der meisten Bürger. Wenn in deren Portemonnaie Ebbe ist, dann dürfen sie aus freien Stücken darüber befinden, welche ihrer Lebensnotwendigkeiten eigentlich sowieso nur in die Kategorie »Konsumrausch« und daher gestrichen gehören. Wenn dagegen per staatlicher Verfügung an den Bürgern gespart wird, haben sie keine Wahl. Ihre Geldnot bleibt ganz bei ihnen.

Die Einführung von Studiengebühren läuft unter Verteuerung »staatlicher Dienste« am akademischen Nachwuchs. Darüber soll nicht nur eine neue Geldquelle erschlossen, sondern zudem der Hochschuletat von solchen Kosten entlastet werden, die die Länder für gänzlich überflüssig erachten. Sie nehmen sich der Studienzeiten an, welche die staatlich festgelegte Regelstudienzeit überschreiten. Wer fürs Studium zusätzlich zahlen muss, der sieht zu, dass er möglichst früh fertig wird, lautet die sehr realistische Kalkulation.

Auf diese Weise zwingt der Staat die Studierenden zu einer ganz neuen Studienökonomie: Er nötigt zur vollständigen Unterwerfung unter die Studien- und Prüfungsordnungen und untergräbt jede Anstrengung, sich neben dem geforderten Stoff um dessen Kritik zu kümmern. So wird die »Durchlaufgeschwindigkeit« erhöht. Früher und damit länger auf dem Arbeitsmarkt für nationale Belange zur Verfügung zu stehen, das ist die Dienstleistung der angehenden Elite an den nationalökonomischen Berechnungen des Staates. Wer leistet da eigentlich wem einen Dienst?

Die als »sozialer Numerus clausus« wirkende Gebührenverordnung bringt Studierende besonders auf die Barrikaden. Sie liegen richtig mit ihrer Beschwerde, da all jene Studierenden, die neben dem Studium das Geld fürs Studium verdienen müssen, die gewünschte »Intensivierung« der Ausbildung nicht mehr bewältigen werden. Die Kinder aus »einkommensschwachen Schichten« werden weiter von wissenschaftlicher Ausbildung und damit von erträglicheren Lebensumständen ausgeschlossen.

Die Studierenden liegen jedoch falsch, wenn sie die Kultusministerien auffordern, sich gefälligst an gültige bildungspolitische Prinzipien wie »Chancengleichheit« oder »gleiches Recht auf Bildung für alle« zu halten. Vielleicht stehen die Politiker längst auf dem Standpunkt, dass derjenige, der das verteuerte Studium nicht bezahlen kann, auf der Universität auch nichts verloren hat!

Übrigens: Wem dieser NC erst auffällt, sobald er als Studierender von ihm betroffen ist, hat wenig vom hiesigen Bildungswesen begriffen. Das hat nämlich von der ersten Schulklasse an einen ganz spezifischen »sozialen NC« eingerichtet. Er ist verantwortlich dafür, dass sich der schulpflichtige Nachwuchs wie beabsichtigt in die Masse jener Schüler (ca. 70 Prozent) sortiert, die systematisch von höherer Bildung ausgeschlossen ist, und in jenen Rest, dem der Zugang zu den Jobs der Elite erlaubt ist.

Dass diese Sortierung ziemlich exakt der Klassenlage der Eltern entspricht, liegt an einem Schulwesen, das alle Kinder ein und demselben chancengleichen Leistungswettbewerb unterzieht, dabei aber vollständig rücksichtslos verfährt gegenüber der unterschiedlichen materiellen, sozialen und geistigen Ausstattung, mit der nun einmal Arbeiter- und Professorenkinder in der Schule antreten.