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Error im Netz

Strompreise. So schnell kann es gehen. Am Dienstag vergangener Woche verkündete der Bundeswirtschaftsminister auf einer Fachtagung in Berlin, die Strompreise würden in absehbarer Zeit sinken. Die bevorstehende Regulierung der Energiemärkte werde zu mehr Wettbewerb und zu einer »Minimierung von Preisen« führen. So weit, so kompetent, Wolfgang Clement (SPD).

Doch die Stromanbieter sehen den Sachverhalt völlig anders. Schon tags darauf verkündete Werner Brinker, der Präsident des Verbandes der Elektrizitätswirtschaft, in Berlin: »Langfristig werden die Preise weiter zulegen.« Der Grund hierfür seien höhere Rohstoffkosten und staatliche Abgaben.

Handelt es sich bei der Angelegenheit schlicht um einen politischen Stromausfall? Alexander Schieferdecker, ein Sprecher des Bundeswirtschaftsminsteriums, sagte auf die Frage, wie es zu derart unterschiedlichen Einschätzungen kommen könne, Clements Äußerung stehe »in Zusammenhang mit der geplanten Neuregelung der Regulierung des Strommarktes im neuen Energiewirtschaftsgesetz«. Erfahrungsgemäß führe eine Verstärkung des Wettbewerbs auch zu einer Strompreissenkung.« Allerdings beeinflussten noch andere »Komponenten« den Strompreis. »Wenn Sie jetzt einen Anstieg des Ölpreises haben, dann kann natürlich dem auch eine Deregulierung des Strommarktes nicht entgegenwirken.« Da kann dann selbst der Superminister nichts mehr machen.

Mal eben belästigt

Rechtsextremismus. Leben und leben lassen, das ist die bayerische Devise. Und auch die des Richters am Amtsgericht im oberpfälzischen Tirschenreuth, Peter Neuner. Er verurteilte am vorigen Donnerstag vier junge Männer, die im Juli des vergangenen Jahres in Tirschenreuth drei Molotowcocktails auf die Wohnwagen von Sinti und Roma geworfen hatten, zu Geldstrafen bis 600 Euro. Den damaligen Angriff bewertete er als »Belästigung der Allgemeinheit«. Er stufte die Tat als Ordnungswidrigkeit und nicht als Straftat ein. Der Jungle World sagte Neuner, die Tat habe »mit einem rechtsextremen Hintergrund nichts zu tun«. Der Molotowcocktail sei 25 Meter entfernt von den Wohnwagen aufgeschlagen. »Da war niemand in Gefahr«, meint Neuner. So tolerant ist Bayern.

Nur deutsches Blut

NPD. Alle Mitglieder des Kreisverbandes der NPD in Prignitz-Ruppin (Brandenburg) haben am vorletzten Wochenende in Wittstock ihren Austritt aus der Partei erklärt. Der Kreisverband gehört der Vergangenheit an.

Hintergrund der guten Nachricht ist keineswegs ein kollektiver Gesinnungswandel der Rechtsextremisten. Der Vorgang ist eines der vielen Zeichen dafür, dass sich die Partei in einer ernsthaften Krise befindet. Vielleicht weil die Mitgliederzahlen ohnehin stark sinken – die Berliner Zeitung nannte einen Rückgang von 6 500 auf 5 000 –, wollte sich der Bundesvorstand auch Rechtsextremen nicht deutscher Herkunft öffnen und nominierte als Kandidaten zur Europawahl den aus Bosnien stammenden Safet Bobic. Die Brandenburger Kameraden sehen darin einen Verstoß gegen den Grundsatz der Partei, der da lautet: »Deutscher ist, wer deutschen Blutes ist.« Bobic bezeichnet sich selbst als »Befreiungsnationalisten«. Ob er nun als Freund oder als Feind zu betrachten sei, damit wird man sich in der NPD zu beschäftigen haben.

Mario Schulz, der ehemalige Landesvorsitzende der NPD in Brandenburg und Vorsitzende des aufmüpfigen Kreisverbandes, will nun eine neue Partei gründen, in der nur deutsches Blut fließen darf. Ihm ist immerhin so viel Erfolg zu wünschen, dass die dann gespaltene NPD endgültig in der Bedeutungslosigkeit verschwinden möge.

Projekthaus umsonst

Dresden. Wer nicht recht einsehen will, dass ausgerechnet an den Erwerbslosen gespart wird, dass Kitas, Schulbücher, das Studium sowie die medizinische Versorgung immer teurer und die Spielräume für ein schönes Leben immer kleiner werden, kann manchmal ganz schön böse werden und sogar etwas dagegen tun, und sei es nur eine symbolische Tat wie kollektives Bahnfahren ohne Fahrkarte oder Schwimmen ohne Eintrittskarte.

Ein übles Nachspiel hat allerdings eine Dresdener Aktion. Am Mittwoch vergangener Woche holten Polizeibeamte drei Personen zur erkennungsdienstlichen Behandlung ab, denen im Zusammenhang mit einer viertelstündigen Freischwimmaktion im städtischen Arnhold-Bad im vergangenen September schwerer Hausfriedensbruch vorgeworfen wird. Dort hatten etwa 20 Menschen gebadet, ohne zu bezahlen, und Luftballons und Flugblätter verteilt. Wie die Kampagne »Dresden umsonst« mitteilte, ermittelt der Staatsschutz auch gegen JournalistInnen, die über die Aktion berichteten, sowie gegen Beteiligte des Kunstprojekts Dresden Postplatz.

Aber die Dresdener sind weiterhin böse und zeigen das auch. Am vorigen Wochenende besetzte eine Gruppe »Initiative Kulturraum« vorübergehend das städtische Projekthaus am Albertplatz. Die Initiative schließt sich ausdrücklich den Forderungen der Kampagne »Dresden umsonst« an. Zwei Tage lang gab es Party, Kultur und Volksküche für alle – umsonst, versteht sich.

Der Himmel über Bonn

Hauptstadtfrage. Damit künftig niemand vergisst, welches die Bundeshauptstadt ist, und auch keiner sagen kann, es sei Zeit für einen Umzug, soll es eine Hauptstadtklausel im Grundgesetz geben. Berlins Regierender Bürgermeister Klaus Wowereit (SPD) schlug in der vergangenen Woche vor, dass sich die Föderalismuskommission, die das Kräfteverhältnis zwischen Bund, Ländern und Kommunen neu regeln will, mit der Erweiterung des Artikels 22 beschäftigen solle. Der beschreibt bislang nur die Farben der Nationalflagge.

Die repräsentativen Aufgaben der Hauptstadt müsste nach Wowereits Vorstellung in Zukunft der Bund bezahlen, und Berlin wäre einen Teil seiner Finanzprobleme los. Nur die rot-rote Koalition noch nicht.