Drei Pfründe sollt ihr sein

in die presse

Kommt ein Arbeitsloser zum Hartz und sagt: »Herr Doktor, Herr Doktor, mein Sozi brennt.« – Nee, der ist doch nicht so gut, aber vielleicht der: Sitzen drei Sozis beim Spiegel, sagt der eine: »Wir haben einen reinen Egoismus, der sich in Geld ausdrückt. Wenn man 56 Prozent Steuern zahlt, dann ist das Wucher.« Sagt der zweite: »Wenn man als links einfach definiert, jetzt kassieren wir mal die Leistungsträger ab, dann ist das ein Missverständnis des Kapitalismus. Wir dürfen nicht die Motivation der fünf Prozent von Wissensarbeitern, die den Kapitalismus am Laufen halten, zerstören.« Sagt der dritte: »Links ist, dass es dem Kanzler und dem Außenminister gelungen ist, zum ersten Mal von unserer seit 1990 existierenden Souveränität wirklich Gebrauch zu machen, indem sie (…) uns Deutsche aus diesem furchtbaren Krieg im Irak herausgehalten haben. Angela Merkel ist schamlos genug, wie eine Petzliese die eigene Regierung in Washington anzuschwärzen.« Auch nicht sehr komisch. Man sollte eben keine Sozi-Witze machen, denn am Ende erweisen sie sich als bitterer Ernst.

Drei Freunde Schröders, der Künstler Markus Lüpertz, der Professor Peter Glotz und der Nobelpreisträger Günter Grass, hegen diese typischen Sorgen der Schranzen, der Pöbel ist ihnen zu egoistisch, die Steuer zu hoch, die Opposition zu unpatriotisch. Sie wollen die Ärmsten nicht unbedingt verhungern lassen, aber auch zu andern Zeiten »haben immer Leute in der Scheiße gesessen« (Lüpertz). Sie verdienen besser und wollen deshalb das Wort »Besserverdienende nicht mehr hören« (Glotz). Sie kritisieren die Verzagtheit der Hartzer und kennen nicht die Hemmung der Sozialdemokraten, »zu ihren Leistungen zu stehen« (Grass). Sie wollen sich gegenseitig zum Bundespräsidenten (Lüpertz den Grass) oder zum Bezirksvorsitzenden (Glotz den Lüpertz) ernennen. Doch die Frage »Was ist daran sozialdemokratisch?« erübrigt sich. Das ist so ursozialdemokratisch wie es christsozial sein könnte. Drei Pfründe sollt ihr sein.

stefan ripplinger