Jamba, Jamba!

liebe ware

Produkte, die wir auch nach dem Ende des Kapitalismus nicht missen wollen. Wenn ich sonntags vor dem Fernseher dahinrotte, zuckt mein Daumen auf der Fernbedienung stets im Hochfrequenz-Bereich. Manchmal bin ich so ermattet, dass ich auf Programm 43 oder Programm 51 hängenbleibe. 43 ist bei mir Viva, 51 MTV. Stets warte ich dann so lange, bis wieder ein Werbeblock mir den ultimativen, glücklicherweise aber temporären Gehörsturz verpasst: »Schicke Mega1, Mega2 oder Mega3 an Jamba, und schon erhältst du den Supersound im Jamba-Monatsabo auf dein Handy.« Die gesamte Hitparade und Schwachsinnigkeiten wie Polizeisirenen oder postsexuelles Gestöhne oder DJ Dumpfbacke kann man sich heutzutage auf sein Handy laden. Klingeltöne sind heute das, was in den achtziger Jahren der Rasta-Look oder in den siebziger Jahren der gepflegte Sprung aus dem achten Stockwerk im LSD-Rausch war: ein Vehikel zur Individualisierung der eigenen Person.

Und genau darin liegt die Attraktivität der Fortführung des Jamba-Wahns und anderer Klingelton-Initiativen nach dem Ende des Kapitalismus: Eine sympathische Diktatur könnte der Bevölkerung diese kleine Nische an Individualisierung gönnen, ohne Gefahr laufen zu müssen, damit Revoluzzer und Aufmucker auf den Plan zu rufen. Vielleicht könnte es ja auch eine staatliche Ausgabestelle für Klingeltöne geben, und wenn man in die Partei eintritt, erhält man drei Klingeltöne gratis, genau wie bei Jubiläen wie der fünfjährigen Mitgliedschaft (zwei Stück) oder der Jugendweihe (50 Stück).

martin schwarz