Talmi

Wurstwasser

Die Hygienestandards sind weit entwickelt in diesem Land. Sogar Licht und Lärm werden als Verschmutzung bekämpft, vorausgesetzt, dass dadurch Käuzchen geblendet und Nachtfalter betäubt werden. So lobenswert die Liebe zur geschundenen Kreatur auch sei: Wie weit kann sie reichen, wenn schon die Eigenliebe so schwach entwickelt ist? Die Leute konsumieren nämlich einen Dreck, der anders als durch Masochismus nicht mehr erklärbar ist. Sie hüllen sich in Plastikjacken, um dann scheußliche Familienkutschen in Geländeoptik zu besteigen – mit denen sie dann in Gewerbegebiete fahren, die anderswo allein schon aus optischen Gründen unter UN-Verwaltung gestellt würden, und lassen sich dort beim Prüfen der Sonderangebote fünf Stunden lang von Neonlicht grillen.
Dieser Menschenschlag, der sich und anderen kein Glück und keine Schönheit gönnt, hat seit der Herrenfußball-WM auch das ihm gemäße Getränk. Die Firma Arena hat einen Energydrink hergestellt, der nach Currywurst schmeckt. Kein Scheiß. Ist der Energydrink schon das ideale Gesöff für jene, die den Genuss aus dem Leben schon komplett herausrationalisiert haben, erfährt der fanatische Funktionalismus mit dem Wurstgeschmack noch einmal eine monströse Potenzierung. Ist doch die Currywurst der Energydrink unter den Gerichten der Hausmannskost: ideal für alle, die sich »schnell mal was reindrücken«, also ausschließlich organisch funktionieren wollen, und sich dabei mit dem dumpfen »Scharf«-Akzent noch einen schalen Nervenkitzel besorgen. Der nächste Schritt wäre folgerichtig eine Boulette, die nach Benzin schmeckt: damit auch ja kein Unterschied mehr zwischen Menschen- und Maschinenpark herrsche. Und alles endlich in ein rastlos-munteres Herumbrummen übergehe.