Chaos und Struktur

Die Alben von King Midas Sound könnten als akustisches Pendant eines David-Lynch-Films durchgehen: Alles wirkt wie lose aneinandergereiht, lediglich die vage Andeutung einer Erzählung schwingt im Hintergrund mit, um alles in eine Aura des Mystischen zu hüllen, gefolgt von diesem eigenartigen Gruselmoment, dessen Ursprung sich nie wirklich feststellen lässt – gewissermaßen Grusel in Reinform. Bereits auf dem Debütalbum »Waiting For You … « kam dieses befremdliche Unbehagen zum Vorschein – irgendwo zwischen den mit körperloser Stimme geflüsterten Texten Roger Robinsons und den sirenenhaften Gesängen Kiki Hitomis, die immer wieder in die bleischwer vor sich hin mäandernden Dub-Klangwelten von Kevin Martin, besser bekannt als The Bug, abzustürzen drohten. Wie ein akustischer Mahlstrom, aus dem sich träge einige wuchtige Beats erheben, nur um kurz darauf wieder im Chaos zu versinken. Auf »Edition 1« steuert Christian Fennesz das Ambiente bei. Der Österreicher gilt als Urgestein experimenteller Gitarrenmusik. Vor allem mit »Hotel Paral.lel« (1997) und »Endless Summer« (2001), beide auf Mego-Label erschienen, trug er viel zur Verquickung von elektronischer Musik und Ambient bei. Dementsprechend geht es auf »Edition 1« ruhiger, gleichwohl nicht minder beunruhigend zu: Das Maschinelle der Beats ist in weiten Teilen einem unbehaglich flirren-, surren- und klackernden Klangteppich gewichen; ansonsten ist erfreulicherweise alles beim Alten geblieben.

King Midas Sound/Fennesz: Edition 1 (Ninja Tune/Rough Trade)