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Freitag, 25.02.2022 / 19:23 Uhr

Gaza: Misshandlung eines Straßenverkäufers als Symbolbild

Von
Gastbeitrag von Mohammed Altlooli

Bildquelle: Twitter

Inmitten von Passanten schlagen Hamas-Polizisten in Gaza einen jungen Mann, der bloß versucht, seinen Lebensunterhalt zu verdienen.

 

Auf arabischen Social-Media-Seiten sorgen dieser Tage Bilder für Aufregung, die viele an den Vorfall erinnerten, der im Jahr 2011 den sogenannten Arabischen Frühling auslösen sollte. Damals verbrannte sich der junge Gemüsehändler Mohamed Bouazizi in einem verzweifelten Akt des Protests selbst, nachdem sein mobiler Marktstand mehrfach von der Polizei wegen mangelnder Genehmigungen geschlossen und er selbst auf der Polizeiwache mehrfach misshandelt wurde. Die Person Bouazizis wurde zum Symbol für eine arabische Jugend, die sich mit den Erniedrigungen und der Unterdrückung nicht mehr abfinden wollten, denen sie durch die verknöcherten Diktaturen der arabischen Welt ständig ausgesetzt waren.

Auf den nun die Runde machenden Aufnahmen ist zu sehen, wie Hamas-Polizisten in Gaza einen jungen Mann schlagen und misshandeln, der nichts anderes machte, als sich darum zu bemühen, für sich und seine Familie den Lebensunterhalt zu verdienen.

Shaban Sharabs Geschichte ist typisch für das Leben vieler junger Männer im Gazastreifen. Er hat an der Universität Architektur studiert, doch war es ihm nicht möglich, einen Job zu finden, der dieser Berufsausbildung entsprochen hätte. Also beschloss er, ein kleines Unternehmen zu gründen, um sich und seine Familie mit dem Nötigsten versorgen zu können: Er machte einen kleinen Straßenkiosk auf und verkaufte Tee und Kaffee. Damit hoffte er, genug Geld zum Überleben verdienen zu können.

Doch dann kam eine Polizei-Patrouille des Weges, zerstörte seinen Verkaufsstand und schlug in aller Öffentlichkeit und vor den Augen von Passanten auf ihn ein. Die Verwaltung von Gaza-Stadt ist der Ansicht, dass die Entfernung von Verkaufsteppichen und -ständen eine geeignete und legitime Maßnahme sei, um ein geordnetes Straßenbild herzustellen. Wovon die Menschen leben sollen, denen auf dieser Art der Einkommenserwerb verunmöglicht wird – laut den Vereinten Nationen leiden mehr als 70 Prozent der Menschen im Gazastreifen unter Arbeitslosigkeit und Armut –, darauf haben weder die von der Hamas kontrollierte Stadtverwaltung noch die Polizei eine Antwort, die selbst humanitäre Mindeststandards mit Füßen tritt.

Wie einst Boazizi, so ist heute Sharab in den Augen vieler ein Symbol: Ein junger Mann ohne Aussicht auf einen seinen Qualifikationen entsprechenden Job, der im seit 2006 von der islamistischen Hamas eisern kontrollierten Gazastreifen irgendwie versucht, über die Runden zu kommen – und dem von den Hamas-Schlägern in Polizeiuniformen noch das Wenige genommen wird, was er noch hatte, während sie ihn in aller Öffentlichkeit schlagen und erniedrigen.

In Gaza türmen sich die Probleme, die allesamt auf das Versagen der Hamas bei der Verwaltung des Landstrichs zurückzuführen sind. Fast zwei Millionen Menschen leiden unter der ständigen Verschlechterung der sozialen Lage, welche die Hamas zu verantworten hat. Wer kann, geht weg und flieht auf der Suche nach einem besseren Leben ins Ausland.

Für die Menschen im Westjordanland, das unter der Kontrolle der von Mahmud Abbas geführten Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) steht, sind die Bedingungen ähnlich wie im Gazastreifen, mit einem wesentlichen Unterschied: Dort besteht für Zehntausende die Möglichkeit, den Lebensunterhalt für sich und die Familie mit Arbeit in Israel zu verdienen. Selbstverständlich wäre es besser, hätte die PA Arbeitsmöglichkeiten im eigenen Zuständigkeitsbereich geschaffen, doch sie hat sich dazu als genauso inkompetent erwiesen wie ihre Kontrahenten im Gazastreifen.

Hüben wie drüben lehnen die Menschen diese politischen Systeme ab, die sie wie Abschaum behandeln, die unfähig sind, die Infrastruktur zu reformieren oder Krankenhäuser zu bauen, die nicht in der Lage sind, die Jobs zu schaffen, die mit israelischer Hilfe geschaffen werden könnten – und sich bei alledem um die Einhaltung der Menschenrechte der Palästinenser einen Dreck zu scheren.

Der Autor engagierte sich im »Gaza Youth Movement«, musste aus dem Gazastreifen fliehen und lebt, nach längerem Aufenthalt in einem Flüchtlingslager in Griechenland, inzwischen als Asylbewerber in Deutschland.

 

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch

Freitag, 21.01.2022 / 09:13 Uhr

Gott ist laut Hamas für die Überschwemmungen in Gaza verantwortlich

Von
Gastbeitrag von Mohammed Altlooli

Flut in Gaza, Bildquelle: Twitter

Zerstörte Infrastruktur, Korruption und Unterdrückung dominieren das Leben im Gazastreifen. Und alles spricht dafür, dass es noch schlimmer werden wird.


Seit Jahrzehnten, nämlich seit die Hamas sich an die Macht geputscht hat, vermissen die Bewohnerinnen und Bewohner des Gazastreifens ein Leben in Würde ebenso wie fundamentale Rechte. Und es fällt ihnen zunehmend schwerer, noch mehr Probleme schultern zu müssen, während es noch schlimmer werden soll: Laut einem Bericht der Vereinten Nationen wird das Leben in Gaza ab dem Jahr 2015 in Gaza kaum mehr möglich sein. Und laut Berichten von Menschenrechtsorganisationen beträgt der Prozentsatz von Menschen , die unter die Armutsgrenze fallen, schon heute 70 % und diese Zahl steigt seit 2007 an und wird absehbar weiter ansteigen.

Wollte man Gaza noch retten, wäre weit mehr nötig, als ein paar Laibe Brot etwas mehr Strom zu verteilen und ein paar Arbeitsplätze zu schaffen, es erforderte vielmehr eine vollständige Erneuerung der völlig maroden Infrastruktur, die durch die Kriege der Hamas mit Israel zerstört wurde. Diese Infrastruktur ist derart menschenunwürdig, dass vermutlich Tiere in Massenhaltung bessere Lebensbedingungen in Deutschland haben als die Menschen in Gaza.

 

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Nach dem Regen, Bildquelle: Flickr (Oxfam)

 

Mitte Januar dieses Jahres, als Gaza von sintflutartigen Regenfällen heimgesucht wurde, zeigte sich einmal mehr die Schwäche und Unfähigkeit der Stadtverwaltungen, die mit der Hamas-Regierung in Gaza zusammenarbeiten. Angesichts von Überschwemmungen und Zerstörungen wurde sie gefragt: Warum? Und Hamas antwortete: “Gott ist dafür verantwortlich, nicht wir".

Gott und Holzplanken

Das ist ihre Begründung, für ihr eigenes Versagen macht sie Gott und natürlich Israel verantwortlich! Aber die Verantwortung für den Untergang von Gaza liegt in Wirklichkeit bei den Beamten und Herrschern, die den Forderungen der Bevölkerung nach einer Änderung des Lebensstandards und der Regierungsform keinerlei Beachtung schenken! Stattdessen tragen sie jeden Tag dazu bei, dass Leben und Hoffnungen von mehr Menschen zerstört werden und reagieren mit Repression auf Unmut. Aber Gott ist ja verantwortlich!

Und wenn sie etwas unternehmen, dann sieht es so aus, wie die Aktion einiger Offizieller in Beit Hanoun, die angesichts der Überschwemmungen und Beschädigungen an Gebäuden und Straßen eine Holzplanke für Schulkinder plazierten, über die diese dann zu ihren Häusern gelangen können. Ihre Antwort sind also Holzplanken.

Wo ist das ganze Hilfsgeld?

Aber die Menschen in Gaza fragen, wohin eigentlich die Millionen gehen, die im Namen unseres Elends überall für Gaza gesammelt werden. Ganz ähnlich sieht es in Städten der Westbank aus: Erst kürzlich erklärte Premierminister Muhammad Shtayyeh, warum es ihnen unmöglich gewesen sei, ein Krankenhaus zu Ende zu bauen. Das Projekt sei gescheitert, weil nur 140 Millionen Dollar zur Verfügung gestanden hätten. Und er bat Präsident Abbas, mehr Geld für den Bau aufzubringen! Reicht diese Summe nicht aus, um ein Krankenhaus zu bauen? Wo ist das Geld jetzt? Das sind Fragen, die sich Palästinenserinnen und Palästinenser täglich stellen, während sie weiter verarmen.

Inzwischen leiden Palästinenser mehr unter der Korruption und Unfähigkeit ihrer eigenen Führer als unter israelischer Politik und hoffen derweil auf Arbeitsmöglichkeiten in Israel, denn in Gaza und der Westbank gibt es keine.

Mittwoch, 29.12.2021 / 22:14 Uhr

Es braucht einen palästinensischen Frühling

Von
Gastbeitrag von Mohammed Altlooli

Bildquelle: FB-Seite "Free Gaza from Hamas"

Wollen die Palästinenser ihre Lebensbedingungen verbessern, müssen sie das Hamas-System und das System der Autonomiebehörde ändern, denen sie ihr Leid zu verdanken haben.

 

Etwa 93% der arabischen Bevölkerung Ost-Jerusalems würden es vorziehen, unter israelischer Souveränität zu leben, wie eine neue Umfrage des Palestine News Network ergab. Es wäre interessant, wenn solch eine Umfrage auch unter den Bewohnern des Gazastreifens und des Westjordanlandes durchgeführt werden würde, um deren Meinungen und Wünsche bezüglich der von ihnen angestrebten Regierungsform kennenzulernen.

Da das Palestine News Network solch eine Umfrage nicht zur Verfügung gestellt hat, muss ich mich für meine Einschätzungen auf meine Beziehungen zu Menschen stützen, die im Gazastreifen leben und mit denen ich immer noch in Kontakt stehe.

Die Positionen der Bewohner des Westjordanlandes sind zwar noch eher in Zeitungen und Medien zu finden als jene des Gazastreifens, aber ungefährlich ist es auch dort nicht, diese Positionen offen auszusprechen.

So wurde etwa Nizar Banat, ein politischer Aktivist, der gegen die Autorität des Präsidenten der Palästinensischen Autonomiebehörde Mahmud Abbas opponiert hatte, beschuldigt, den Geist der Bevölkerung zu verhöhnen, bevor er durch Sicherheitskräfte in Ramallah ermordet wurde, die sein Haus stürmten, ihn vor den Augen seiner Frau schlugen, ihn festnahmen und schließlich in ihren Ermittlungskellern töteten.

Die veröffentlichte Meinung genießt das Vertrauen der Bevölkerung nicht, solange sie nicht offen über die Repression gegen jede Opposition berichtet. Niemand in den Medien wagt es, Abbas zum Rücktritt aufzufordern – was nur bedingt verwunderlich ist, angesichts der Tatsache, dass man dies nicht tun kann ohne von den Sicherheitsdiensten der Palästinensischen Autonomiebehörde verhaftet und bestraft zu werden.

Mit dem Auftreten der Palästinensischen Autonomiebehörde unzufrieden zu sein, ist bloß solange in Ordnung, solange man dies nicht allzu öffentlich tut oder gar etwas unternimmt, um die Situation zu ändern.

Das korrupte islamische System in Gaza ist noch schlimmer: ein Regime, unter dem zwei Millionen Palästinenser leben und durch das sie den schrecklichsten Verhältnissen ausgesetzt sind: Stromausfällen und Wasserverschmutzung, Zerstörung der Infrastruktur und einer hohen Rate an extremer Armut.

Die Früchte des Arabischen Frühlings konnten nicht von der Bevölkerung geerntet werden, sondern sie wurden von den Regimen sowohl im Gazastreifen als auch im Westjordanland an sich gerafft.

Unausgesprochener Wunsch …

Das Palestine News Network sollte auf die Ansichten der palästinensischen Bevölkerung in Gaza und im Westjordanland hören, die sich über eine Rückkehr der israelischen Verwaltung freuen würde.

Viele Palästinenser halten ihr politisches System für weniger wichtig als ihre persönlichen Probleme und ihre mit Füßen getretenen Träume. Da sie aber nicht in der Lage sind, es zu ändern, wünschen sie sich eine Rückkehr der israelischen Herrschaft, unter der es ihnen materiell besser ging.

Abu Iyad, in seinen Fünfzigern, lebt in der Stadt Beit Lahiya, östlich von Dschabaliya, direkt an der Grenze zwischen Gaza und Israel. Er ist der Meinung, dass die Mehrheit der Palästinenser die Rückkehr der israelischen Herrschaft herbeisehne und diese den palästinensischen Machthabern vorziehe; und dass er dies nicht bloß so dahersage.

Er erklärt, dass in den Tagen der israelischen Verwaltung des Gazastreifens die Menschen zwar mit Steinen auf die Armeekräfte losgingen, morgens aber nach Tel Aviv zur Arbeit fuhren. Israel sei den Rechten der Bevölkerung auf Elektrizität, Infrastruktur, sanitäre Einrichtungen und Bewegungsfreiheit verpflichtet gewesen, obwohl es – aus Sicherheitsgründen – Barrieren zwischen den Gouvernements des Gazastreifens gab.

Was den palästinensischen Bürger am meisten schmerzt, ist die Tatsache, dass er Ungerechtigkeit, Verarmung, Diebstahl, Tötung und Verhaftung durch seine – in den Diensten der Hamas stehenden – palästinensischen Landsleute ausgesetzt ist. Es sei nicht Israel, das den Menschen all das angetan hat und antut, sondern die Hamas und Autonomiebehörde von Mahmud Abbas.

… der sich eines Tags erfüllen möge

Das ist die Haltung, die die Menschen in Gaza in ihrem Herzen tragen, und die sie sich nicht zu äußern trauen, weil der Preis dafür Verhaftung oder Tod wäre. Vielmehr bleibt sie ein Wunsch, von dem sie hoffen, dass er sich eines Tages zu erfüllt.

Auch aus dem Westjordanland wird berichtet, dass jene Menschen, die durch ihre Arbeit in Israel eine Einkommensquelle finden, um ihr Leben verbessern, nicht auf die Hilfe der Palästinensischen Autonomiebehörde warten, die sich hauptsächlich auf ihre Gefolgsleute beschränkt. Auch sie leiden unter dem System, unter dem sie leben.

Der Arabische Frühling muss im Gazastreifen und im Westjordanland wieder aufblühen – und endgültig das System ändern, das all die Jahre das Leid der Bevölkerung verursacht hat.

 

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch

Dienstag, 09.11.2021 / 17:35 Uhr

Lieber Ägäis als Gaza

Von
Gastbeitrag von Mohammed Altlooli

Arabische Flüchtlinge nach ihrer Ankunft auf Lesbos, Bild: Thomas v. der Osten-Sacken

Trotz aller Gefahren ist die Flucht aus Gaza immer noch besser als ein weiteres Leben unter der Herrschaft der Hamas.

In den letzten zwanzig Jahren, in denen die Palästinenser nach dem Militärputsch von 2007 unter der Kontrolle der Hamas leben mussten, verschlechterten sich die Verhältnisse der Menschen im Gazastreifen weiter und weiter.

Solange bis die Unterdrückung, die Rechtlosigkeit und die Sorge um ihre Kinder, die ohne Arbeit und ohne die geringsten Rechte in den Häusern sitzen, einige junge Menschen, die jahrelang ihr weniges Geld gespart hatten, dazu trieb, sich auf eine Seereise zu begeben, auf der Suche nach einem Leben, das sie im Gazastreifen nicht finden konnten.

Doch auch noch, wenn sie dem Einfluss der Hamas entkommen sind, sind Leid und Gefahr für die Palästinenser aus dem Gazastreifen auf dem Weg in ihr neues Leben noch nicht vorbei. Tausende von ihnen erreichten ihr angestrebtes Ziel Griechenland und Europa mit Schlauchbooten, mit denen sie stundenlang über das offene Meer schippern mussten.

Auch ich war 2019 auf einer ähnlichen Reise nach Griechenland, und trotz aller Gefahren fühlten wir uns hoffnungsvoll als die Meereswellen gegen unser Boot krachten; hoffnungsvoll, weil diese Wellen uns sympathischer waren als unsere palästinensischen Machthaber, die für unser Leben in Gaza verantwortlich sind.

Doch nicht alle hatten so viel Glück: Die Familien derjenigen, die es leid waren, dort zu leben, die in die Türkei geflohen sind und ein kleines Boot bestiegen haben, um Griechenland zu erreichen, werden durch die tragischen Nachrichten vom Untergang dieses Bootes aufgeschreckt. Mit den jungen Menschen sind zugleich ihre Träume von einer besseren Zukunft und die ihrer Familien in Tod und Verlust untergegangen.

Angesichts dessen stellt sich mir die Frage: Hat die Ägäis wirklich mehr Mitgefühl mit der Jugend des Gazastreifens als ihre palästinensischen Machthaber? Und meine Antwort lautet trotz allem: „Ja.“ Das sagen auch die jungen Menschen, die überlebt haben und die, die trotz allem in Gaza weiterhin an Auswanderung denken.

Die Menschen in Gaza fragen nach ihrer Zukunft und der Zukunft ihrer Kinder – und es gibt momentan für sie nur diese eine Antwort.

Beitrag zuerst erschienen auf Mena-Watch

Montag, 18.10.2021 / 23:09 Uhr

Bewohner von Gaza wollen in Israel arbeiten

Von
Gastbeitrag von Mohammed Altlooli

Bildquelle: Mazur/Catholicnews.org.uk

Die Menschen in Gaza werden aufgeben, die Verbesserung ihrer Lebensrealität vor Ort zu fordern, und stattdessen mehr Arbeitsgenehmigungen von Israel fordern.

 

Seit vielen Jahren versuchen die Palästinenser, ihre Ablehnung gegenüber ihren Machthabern und deren politischen System zum Ausdruck zu bringen. Die Bevölkerung leidet unter den miserablen Auswirkungen der wirtschaftlichen und sozialen Bedingungen, die ihnen die Machthaber aufbürden. Die Bürger des Gazastreifens streben nach den einfachsten Rechten, die für sie nicht viel mehr als ein Traum sind.

Diese Träume wurden von der Hamas gegenüber ihren Angestellten nicht erfüllt – und auch nicht von der Palästinensischen Autonomiebehörde (PA) davor, die auf Befehl von Präsident Abbas ihre Posten im Gazastreifen räumte, als die Hamas 2007 nach den vorangegangenen Wahlen die PA-Autorität zu Fall brachte und die Kontrolle über den Gazastreifen übernahm.

Wie erleben die Menschen im Gazastreifen ihren Alltag? Abu Khaled sagt: „Kurz gesagt, ich will nicht, dass man sich über die Rechte der Hunde in Deutschland mehr Kopf zerbricht als über unsere Rechte in Gaza. Ich will mir auch nicht mehr den Kopf zerbrechen. Und weil ich Angst vor den Gefängnissen der Hamas habe, will ich in Israel arbeiten.“

Das ist es, was die Mehrheit der Bewohner des Gazastreifens im Geheimen denkt, und heute brechen sie ihr Schweigen und bringen es offen zum Ausdruck. So versammelten sich vor einigen Tagen Hunderte Palästinenser vor den Büros für zivile Angelegenheiten, die für die Ausreise von Patienten, Arbeitern und Delegationen über den Erez-Grenzüberübergang zuständig sind, der immer noch unter der Kontrolle der Palästinensischen Autonomiebehörde steht.

Gaza ist immer noch im Blickfeld externer Mächte und ihrer Ambitionen, wie z. B. des Iran, der behauptet, die palästinensischen Parteien zu führen und zu ihren Gunsten zu arbeiten. Vielleicht treiben die iranischen Ambitionen palästinenischen Parteien wie den Islamischen Jihad in Gaza dazu, den Konflikt mit Israel erneut zu entfachen, indem sie auf eigene Faust Raketen abschießen, was die Hamas momentan noch zu verhindern versucht, da sie an einer neuerlichen Eskalation momentan nicht interessiert ist.

Die palästinensische Bevölkerung hingegen hofft auf ein menschenwürdiges Leben und will nicht, dass jemand in ihrem Namen und mit ihrem Blut für den Iran kämpft. Die Palästinenser wollen eine Arbeitsmöglichkeit in Israel bekommen – um so der krisengebeutelten Realität unter der Regime der Hamas zu entkommen, das nicht in der Lage ist, sie auch nur mit dem Nötigsten zu versorgen.

Donnerstag, 26.08.2021 / 13:20 Uhr

Israels Herrschaft in Gaza war für die Menschen besser als die Hamas

Von
Gastbeitrag von Mohammed Altlooli

Bildquelle: Pixar

Jeden Tag, an dem die Menschen in Gaza unter der Herrschaft der Hamas leben müssen, verschlechtert sich ihre Situation weiter. Die Hamas hat keinerlei Pläne, ihre Lage zu verbessern oder die Repression zu lindern. Fadi Al Assar , einer der vielen Flüchtlinge aus Gaza, der jetzt in Belgien lebt, wurde jüngst gefragt: „Wie ist das Leben in Gaza?“ Er antwortete: „Es gibt kein Leben in Gaza, weil die grundlegendsten Menschenrechte fehlen“ .“ Er sagte uns auch, dass alle demokratischen Versuche durch Wahlen gescheitert sind. Als wir ihn fragten, wie Gaza unter israelischer Herrschaft war, antwortete er, damals hätten immerhin einige Menschenrechte gegolten und in Gaza vor der Machtübernahme nach dem Oslo-Abkommen sei das Leben besser gewesen. Fadi und andere bekannte oppositionelle Aktivisten rufen und drängen die Menschen dazu, ihre Rechte in Gaza einzufordern, und er fordert, ihre öffentliche Wut auf die Herrscher in Gaza und im Westjordanland zu richten.

Dennoch verschärft die Hamas weiterhin die zivile militärische Kontrolle, ohne auf die Forderungen und das Leid der Menschen zu achten, sondern sie erhöht die finanziellen Belastungen und erhebt mehr Steuern von ihnen. Wie kann man das Leben der Menschen verbessern und ihre Krisen lindern, die auch durch die israelische Blockade mit verursacht wird? Es gibt sogar Stimmen, die jetzt innerhalb des Gazastreifens laut werden und die Rückkehr der israelischen Herrschaft in fordern! Sie tun dies als Versuch, einen Ausweg aus dem Tunnel zu suchen, in den die Hamas sie gezwungen hat!

Werden diese Aufrufe zu den Demonstrationen gegen die Hamas und ihre Politik eine Chance auf Erfolg haben und etwas zum Besseren ändern? Sie müssen fordern, dass Israel wieder Verantwortung für den Streifen übernimmt, denn die Erfahrungen der Palästinenser innerhalb des Gazastreifens unter der Besatzungsherrschaft waren nach Meinung der Mehrheit in Bezug auf Bildung, Gesundheit, Infrastruktur, Strom und Arbeit besser. Einige glauben sogar, dass Israel wieder die Kontrolle von Gaza übernehmen soll, ja sogar verpflichtet ist, den Menschen unter seiner Kontrolle ein menschenwürdiges Leben zu bieten. Sehen wir also friedliche Demonstrationen, die nicht unter der Kontrolle der Hamas stehen, die zum Kontrollpunkt Erez Beit Hanun gehen und die Rückkehr der israelischen Herrschaft fordern und dass den Gaza-Bewohnern mehr Arbeitserlaubnisse innerhalb Israels gewährt werden, die auch all die Krisen ansprechen, die die Hamas verursacht hat? Solche Demonstrationen sind nötig, statt Menschen nur weiter aufuhetzten, um sich am Grenzzaun sinnlose Schlachten mit israelischen Soldaten zu liefern! Aber werden die Leute endlich aufwachen?

Sonntag, 08.08.2021 / 23:03 Uhr

Gaza: Wegen eines Tweets im Gefängnis

Von
Gastbeitrag von Mohammed Altlooli
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Gefängnis in Gaza, Bild: O. Avi, Flickr

 

Mostafa Asfour ist neunzehn Jahre alt und arbeitet als Software-Ingenieur. Kürzlich schrieb einen Text auf Twitter, in dem er gegen das Verhalten der Hamas protestierte und sie beschuldigte, den Zawiya-Markt bombardiert zu haben und Waffen unter zivilen Häusern zu lagern! Gerade sprach ich mit Mostafas engem Freund Karim und der erzählte, Mostafa sei vor einer Woche wegen dieses Tweets festgenommen worden und dass die Hamas ihn an ihre Gerichte verwies und beschloss, seine Haft um 15 Tage zu verlängern, um gegen Ermittlungen durchzuführen!

Karim sprach auch über die Zukunft der Opposition in Gaza. Die meisten von ihnen sind längst wegen all der Drohungen und Verhaftungen aus dem Gazastreifen geflohen, und diejenigen, die zurückbleiben, leiden jetzt noch mehr unter den Repressionen der Hamas-Behörden, die jeden Stimme, die sich gegen sie erhebt versucht mundtot zu machen.

Er sehe keine Perspektive mehr, das Leben werde jeden Tag schwieriger und es könne so in dieser verrückten Realität nicht ewig weitergehen! Nichts als Armut, Arbeitslosigkeit, Strommangel und der Zusammenbruch der Infrastruktur, alles Krisen für die die Hamas die Hauptverantwortung trägt!

Vor diesem Hintergrund forderten verschiedene Menschenrechtsorganisationen, dass die Serie von Verhaftungen von dissidenten Stimmen im Gazastreifen und im Westjordanland gestoppt werden müsse. Aber nichts geschieht, im Gegenteil untersagte die Hamas sogar seinen Eltern Mostafa im Gefängnis zu besuchen. Wir versuchen ihm trotzdem beizustehen und Freunde von ihm haben jetzt einen Aufruf an Amnesty getätigt.

Das Leben in Gaza wird immer unerträglicher und je schlechter es wird, umso brutaler geht die Hamas gegen Kritiker vor. Sie hat Angst, weil viele Leute verstehen, dass die israelische Blockade unter der sie leiden, auf die Politik der Hamas zurück zu führen ist und außerdem sehen, dass anderswo, wie jetzt in Tunesien, die Islamisten entmachtet werden und die Menschen auf der Straße jubeln. Und sie fragen sich, wann sich auch endlich in Gaza etwas zum Besseren ändern wird,

Dienstag, 15.06.2021 / 17:01 Uhr

Rechtlos sterben in Gaza

Von
Gastbeitrag von Mohammed Altlooli

Bildquelle: Flickr

Vorgestern wurde in Khan Younis Istabraq Baraka von ihrem Mann ermordet. Warum? Weil sie sich gegen eine Heirat ihrer Schwester mit dem Schwager ihres Mannes ausgesprochen hatte. Solche Morde geschehen viel zu oft in Gaza.

Auch dies ist eine Folge der Herrschaft der Hamas: Denn ihre Politik führt dazu, dass so viele Menschen glauben ihre eigenen Vorstellungen von Gerechtigkeit stünden über dem Gesetz. Dies gilt vor allem in allen Angelegenheiten, die mit Familienrecht zu tun haben. Außerdem führt die allgemeine Lage zu großen psychischen Spannungen, die sich oft in Gewalt entladen. Dies resultiert in einer extrem hohen Kriminalitätsrate in Gaza!

Diese neunzehnjährige Frau wurde ermordet und später stellten Forensiker fest, dass 80% all ihrer Knochen gebrochen worden sind! Sie sei mit Eisenstangen und Holzstöcken zu Tode geprügelt worden, heißt es. Sie fand niemanden, der sie beschützte und kein Gesetz half ihr. Sie starb rechtlos. Dies veranlasste ihre Familie zu einem Appell an die Justiz, zu intervenieren und den Fall zu untersuchen und entsprechende Schritte gegen den Täter einzuleiten.

Ich bezweifle, irgendwer wird diesem Appell folgen, denn in Gaza gibt es keinen Rechtsstaat. Und so ist dieser Mord und wie er gehandhabt wird, eine weitere Anklage gegen die Unterdrücker in Gaza, auf deren Konto die weit verbreitete Kriminalität in Gaza geht.

Dienstag, 18.05.2021 / 12:37 Uhr

Ein Brief an die wirklichen Freunde der Palästinenser

Von
Gastbeitrag von Mohammed Altlooli

Bild: Wikimedia Commons

In diesem Brief wendet sich der Aktivist des 'Gaza Youth Movement" Mohammed Altlooli mit einer Botschaft für Frieden und Koexistenz an europäische Unterstützerinnen und Unterstützer der Palästinenser

 

Liebe Freunde des palästinensischen Volkes,

ich wende mich an Euch in diesen schrecklichen und dunklen Zeiten. Wieder einmal regnen Bomben auf Gaza, meine gequälte Heimat, und ich mache mir Sorgen um das Leben und das Wohlergehen meiner Familie, meiner Freunde und meiner Kollegen. Die Menschen in Gaza leben seit langem in Verzweiflung und Armut und sehnen sich nach einer besseren Zukunft.

Der Brief im englischen Original

Wir, die junge Generation, die aufgewachsen ist, ohne etwas anderes als diese Situation zu kennen, sind diejenigen, die auch den Preis zahlen werden, wenn sich nichts ändert. Ich selbst musste vor einiger Zeit aus Gaza fliehen, weil ich zusammen mit Gleichgesinnten gegen die Herrschaft des Hamas-Regimes protestierte. Wir haben das getan, was Millionen anderer Araber in der Region auch taten: Wir forderten mehr Freiheit und ein Ende von Korruption und Gewalt. Wenn man aber in Gaza seine Stimme gegen das Regime erhebt, wird man unterdrückt und sogar ins Gefängnis gesteckt. Sie fürchten uns, die junge Generation, viel mehr als ihren erklärten Feind Israel, weil sie wissen, dass sie uns nichts anderes zu bieten haben als Zerstörung, Schmerz und Armut.

 

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Mohammed Altlooli unterrichtet  im Flüchtlingslager von Leros

 

Wir wollen beides: In Gaza in Freiheit leben und nicht weiter unter der Blockade und Repressionen Israels leiden müssen. Aber unser Leben findet zwischen Hammer und Amboss statt: Wir leiden unter einem intoleranten, repressiven Regime auf der einen Seite und unter der israelischen Einschnürung auf der anderen. Wir haben keine Luft zum Atmen.

Trotzdem wir haben uns der hasserfüllten Propaganda unserer Herrscher widersetzt und als „Gaza Youth Movement“ die Botschaft an die Israelis gesendet: Wir wollen Seite an Seite mit Euch in Frieden leben, aber gleichberechtigt und nicht in einem großen Gefängnis. Wir wollen eine gemeinsame Zukunft mit unseren israelischen Nachbarn und ein Ende des Krieges, des Tötens und des Hasses.

Juden und Araber sind keine Feinde

Tragischerweise wurden diese Hoffnungen letzte Woche erneut zerstört, als der Krieg zwischen der Hamas und der israelischen Armee erneut ausbrach. Wir weigern uns, dies einen Krieg zwischen Palästinensern und Israelis zu nennen. Denn selbst wenn ich die Zerstörung in Gaza sehe, empfinde ich keinen Hass gegen die Bevölkerung Israels. Ich weiß, dass viele Israelis selbst in Angst leben und sich in Schutzräumen verstecken müssen, viele wurden getötet und verletzt. Das ist nicht mein Krieg, es ist nicht der Krieg derjenigen, die sich wie ich nach einer besseren Zukunft sehnen. Wir sehen die Bilder von Arabern und Juden, die in Haifa, Nazareth und woanders für ein friedliches Zusammenleben und gegen den Hass gerade demonstrieren. Ihr Motto lautet: Juden und Araber sind keine Feinde.

Die Menschen in Gaza, die wie ich denken, können aber nicht demonstrieren. Jeder Protest würde in Blutvergießen und im Gefängnis enden. Aber seien Sie bitte versichert: Obwohl uns in der Schule Hass beigebracht wird und wir so viel hasserfüllte Propaganda hören, in dieser Zeit sind viele von uns in unseren Herzen bei den Demonstrationen auf der anderen Seite des Zauns.

Die Hamas spricht nicht in unserem Namen

Wenn Ihr wirklich Freunde der Palästinenser seid, denkt bitte daran, dass die Hamas uns nicht vertritt; sie spricht gerne in unserem Namen, aber sie tut es in Wahrheit nicht. Wir lehnen es ab, dass sie unsere Stimme sein sollen. Unsere Stimme ist anders: es ist die Stimme des Friedens.

 

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Stimmen des Friedens, Bildquelle: Twitter

 

Und dann sehen wir die Demonstrationen in Europa, bei denen leider auch furchtbare Parolen gegen Juden und Israel gerufen werden. Wir hören auf einigen den selben Hass, den wir in den Propagandakanälen der Hamas hören. Wer unser wahrer Freund sein will, sollte nicht so reden! Wir wollen und verdienen solche Freunde nicht! Seit langer Zeit behaupten so viele Menschen, sie seien unsere Freunde, aber in Wirklichkeit geht es ihnen nur um den Hass auf Israel und die Juden. Das ist falsch: es widerspricht unseren Absichten und Überzeugungen und es schadet außerdem der gerechten Sache des palästinensischen Volkes. Wir wollen in Frieden, Würde und Selbstbestimmung Seite an Seite mit den Israelis leben. Wir wollen Gerechtigkeit und Freiheit. Wir wollen keinen Krieg und keine Zerstörung.

Wie kann jemand jemals unseren Absichten Glauben schenken, wenn solche hasserfüllten Parolen auf den Straßen Europas und des Nahen Ostens in unserem Namen gerufen werden? Das wirft ein falsches Bild auf uns.

Wir brauchen wirkliche Freunde

Viele die gerade solche Parolen rufen, behaupten, sie seien unsere Freunde, aber sie sind falsche Freunde. Sie schaden uns und lassen ein falsches Bild von uns entstehen. Wir wollen keine Antisemiten, Nazis und Israel-Hasser als Freunde. Wir brauchen friedliebende, progressive Menschen auf unserer Seite, die unsere Ziele teilen. Wir wollen nicht, dass Juden in Europa Angst vor uns haben. Wir wollen, dass jeder versteht, dass es im Nahen Osten nur eine Zukunft für alle geben kann, eine gemeinsame Zukunft in einer friedlichen und prosperierenden Region.

Wenn Ihr zu unseren wirklichen Freunden gehören wollt, tut uns bitte einen großen Gefallen und distanziert Euch von diesen Menschen, die Hass verbreiten, lasst nicht zu, dass auch sie in unseren Namen zu sprechen versuchen. Bitte verbreitet stattdessen unsere Botschaft von Frieden und Gerechtigkeit.

Vielleicht ist diese Botschaft heute bloß eine zarte Pflanze. Wir alle können aber zusammenarbeiten, damit sie zu einem großen Baum zu wird. Wir wissen, dass es bei uns in Gaza noch nicht so viele gibt, die so denken wie wir, aber oft in der Vergangenheit wurden wichtige Veränderungen von einer kleinen Gruppe losgetreten. Und wir hoffen, dass dieser Baum eines Tages groß genug sein wird, damit wir alle unter seiner Krone Schatten finden.

Bitte demonstriert für uns, erhebt Eure Stimme. Bitte erhebt sie gegen die falsche und zerstörerische Politik der israelischen Regierung. Bitte erhebt Eure Stimme aber auch gegen das, was die Hamas anrichtet.

Bitte stellt Euch auf die Seite des palästinensischen Volkes und unserer gerechten Sache.

Aber bitte tut es nicht gemeinsam mit diesen falschen Freunden. 

Dieser Text wurde übersetzt von Yolanda Rubio

 

 

 

 

Freitag, 14.05.2021 / 12:36 Uhr

Gaza: Wir weigern uns Feinde zu sein

Von
Gastbeitrag von Mohammed Altlooli

Demonstration in Haifa: Refusing to be enemies, Bild: Ahiya Raved

Bild:
Twitter

Mohammed al Altlooli engagierte sich, solange er noch im Gazastreifen lebte, im „Gaza Youth Movement“ gegen den diktatorischen Regierungsstil der Hamas und für eine friedliche Koexistenz mit Israel. Wie so viele andere Anhänger dieser Bewegung musste er fliehen, hielt sich einige Zeit in Israel auf und floh dann nach Griechenland, wo er mithalf, die Flüchtlingsselbsthilfsorganisation „Leros Refugee Youth Group“ zu gründen. Seit vergangenem Herbst lebt er in Deutschland. In diesem Beitrag plädiert er erneut für Frieden und Koexistenz.

 

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Der Autor in Leros, Bildquelle: Leros Refugee Youth Group

 

Leider ist das alte Sprichwort wahr, dass Menschen, diejenigen lieben, die ihnen phantastische Geschichten und Illusionen erzählen. Wer die Wahrheit sagt, wird ungerne gehört.

So war es auch nicht leicht in der palästinensischen Gesellschaft in Gaza, in der ich aufwuchs und meine Jugend verbrachte. Wir versuchten, ein neues Denken zu fördern, neue Ideen über die Ursachen von der Misere, in der wir lebten, zu verbreiten. Denn die herrschenden Parteien mobilisieren mit ihren Medien und ihrer Propaganda die Menschen, verbreiten eine Kultur des Hasses und unterdrücken die Freiheiten aller anderen. Sie schaffen Feindschaft und Misstrauen zwischen den Menschen und jeder, der ihnen nicht folgt, steht unter Verdacht. Das war unsere Realität in Gaza und jederzeit konnten wir für das, was wir sagten, verhaftet und eingesperrt werden.

Und genau vor dieser Entscheidung habe auch ich gestanden: Sollte ich in die Diaspora gehen und Gaza verlassen oder mich verhaften und in einem der vielen Gefängnisse demütigen lassen? Ich entschied mich zu gehen und floh nach Griechenland. Ausgerechnet dort, weit weg von meiner Heimat, traf ich eine junge israelische Journalistin und wir arbeiten zusammen in Leros, um den anderen Flüchtlingen zu helfen. Es war ein ganz besonderes Erlebnis für uns beide, so Seite an Seite zu arbeiten und sich dabei kennenzulernen. Wir taten in Griechenland, was in unserer beider Heimat so nicht möglich gewesen wäre und lernten dort genau die Koexistenz kennen, von der wir zu Hause geträumt hatten. Ich schrieb über dieses Erlebnis und bekam Drohungen aus dem Gazastreifen, von der Hamas und auch einigen Leuten aus dem Flüchtlingslager. Selbst in Griechenland mussten sie diese Ideen mit allen Mittel bekämpfen, denn es sind diese Ideen, die sie wirklich bedrohen. Davor haben sie Angst und einmal mehr siegte die Ideologie und ihre Phantasmen: Ich musste auch Griechenland verlassen und bin nach Deutschland gegangen.

Es waren nur wenige, die mich damals bedrohten, aber immer ist die Gewalt auf ihrer Seite. Viele andere teilten unsere Hoffnung und unsere Träume. Nur verfügen sie weder über die Waffen, noch die Medien noch die großen Erzählungen und Phantasien, die man im Nahen Osten seit Jahrzehnten zu hören bekommt und die sich in den Köpfen festgesetzt haben. In diesen Erzählungen geht es nicht um Koexistenz und Frieden, sondern Krieg, Sieg und Vernichtung des Feindes.

Während ich dies schreibe, sterben Menschen in Gaza von israelischen Raketen oder verlieren ihre Häuser und Menschen in Israel sterben durch Raketen der Hamas. Die Sprache der Gewalt hat erneut die Oberhand gewonnen. Aber die anderen Stimmen gibt es weiter und es sind die, auf die man hören sollte, während selbst die Menschen, die lieber den großen Illusionen glauben schenken, den Preis zahlen.

Sie zahlen den Preis mit ihren Leben für Politiker, denen es darum geht, alles zu tun, damit es nicht zu Frieden und Koexistenz kommt. Und in Gaza stehen die Menschen vor der Frage: Sollen wir, notfalls gemeinsam, mit der Hamas gegen israelische Bomben demonstrieren oder standfest uns gegen das korrupte Hamas-Regime stellen?

In der Zwischenzeit bleibt mir nicht anderes, als den Tod von Kindern und Zivilisten in Gaza und Israel zu betrauern und zu hoffen, dass es schnell zu einem Ende des Krieges kommt.

In Gedanken bin ich bei all den Juden und Arabern in Israel, die dieser Tage auf die Straße gehen, um für eine friedliches Miteinander und gegen Hass und Gewalt dem Slogan "Jews and Arabs – refusing to be enemies" demonstrieren.