Populisten von Links und Rechts

Jörg Haiders Ankündigung, aus Sorge um den "harten Schilling" eine Volksabstimmung über die Teilnahme Österreichs an der Europäischen Währungsunion auf die Beine zu stellen, wurde vergangene Woche von allen Parteien in Wien rundum abgelehnt. Mit einer Ausnahme: Die KPÖ ist auch gegen den Euro, hat dafür allerdings Gründe, die denen Haiders "diametral entgegengesetzt" sind.

Nach der Koppelung des Schilling an die Mark hat Österreich mithin auch beim Streit um den Euro den Anschluß an deutsche Verhältnisse geschafft, wo die DM-Treuen schon länger von einem vergleichbaren Haufen rechter und linker Populisten angeführt werden: Bayerns Ministerpräsident Stoiber, der wie Haider den Verlust der heimischen Währung beweint, und PDS-Chef Gysi, der wegen der Angst seiner Ost-Wähler vor dem europäischen Kapital eine Volksabstimmung verlangt.

Wieso aber spielen sich gerade sogenannte Arbeiterführer als die kompromißlosesten Währungshüter auf? Ob eine Kassiererin, die ehedem von der österreichischen Lebensmittelkette Billa ausgebeutet wurde, heute denselben elenden Job für die deutsche Metro macht, könnte einem Kommunisten reichlich egal sein. Doch die Verführung ist zu groß. In beiden Ländern hofft die bei den Wahlen geschmähte Arbeiterpartei an der Anti-Euro-Front Anhänger zu gewinnen.

Dabei gab es durchaus schon scharfsinnigere Argumente gegen den Euro, etwa, als ein spanischer Kommunist bei einer Beratung mit Genosen aus anderen europäischen Staaten vor nunmehr zwei Jahren in Madrid den Begriff "Tietmeyer-Diktatur" prägte. Aber im Euro den Weltmachtanspruch des europäischen Kapitals zu erkennen, ist nicht die Sache der KPÖ. Dagegen ist die "Erkenntnis", daß der Euro den "Interessen der Konzerne" dient, leider nur eine ebenso einfältige Wahrheit wie die, daß in Österreich der Kapitalismus noch nicht abgeschafft ist. Ebenso einfältig ist die von der KPÖ verbreitete Unwahrheit, verantwortlich für die prekäre Lage der österreichischen Arbeiterklasse seien die Maastricht-Verträge. Nur weil die Europäisierung des Kapitals, die sich im Euro ausdrückt, mit einer allgemeinen Krise der Produktion, die man an der Zahl der Arbeitslosen ablesen kann, zusammenkommt, hat der KPÖler Probleme, beides auseinanderzuhalten.

Im vergangenen Jahr hatte der viertgrößte Reifenproduzent der Welt, die deutsche Continental, das österreichische Unternehmen Semperit aufgekauft. Continental konnte in der ersten Hälfte dieses Jahres eine Steigerung des Vorsteuergewinns um 73 Prozent vorweisen, weil die Produktion in den letzten Jahren in Billiglohnländer wie Portugal und Tschechien verlagert wurde, oder, wie in dem Werk in Hannover letzten Monat, die Belegschaft vertraglich zur Leistung von mehr Arbeitsstunden verpflichtet werden konnte. Die Fabrik in Österreich steht für diesen Herbst auf der Abschußliste. Diese Konzernpolitik, das Spiel mit den Arbeiterklassen verschiedener Nationen, das Ausnutzen der Konkurrenz auf einem europäischen Arbeitsmarkt, funktioniert offensichtlich schon vor dem Euro, der Euro ist nur die logische Folge. Die logische Folge einer Euro-Gegnerschaft, wie sie die KPÖ im Schlepptau Haiders betreibt, ist nicht die Umkehrung dieser Tendenz, sondern ihre Verstärkung, indem sich zur ökonomischen Konkurrenz das Ressentiment des Mobs gesellt.