Landung im 18. Jahrhundert

"@21: 78 junge Grüne für das @lternative 21. Jahrhundert" (Auszüge)

Es tut sich also was bei den Grünen. Nicht etwa ein guter alter Flügelstreit, nein - langsam wächst ein dritter Flügel heran: die Liberalos, die sich mit Staart 21 am 8. September 1997 zu Wort gemeldet haben. Neoliberalismus und Deregulierung ist ihr politisches Programm für den Weg ins neue Jahrhundert. (...)

Wir erwarten von Bündnis 90 / Die Grünen - die wir immer noch als einzige parteipolitische Kraft begreifen, die in der Lage ist, unsere Reformvorstellungen umzusetzen -, daß sich nicht der Deckmantel der Regierungsfähigkeit über das legt, was uns einmal dazu bewegt hat, in diese Partei einzutreten: Feminismus, Basisdemokratie, Gewaltfreiheit, Solidarität und Ökologie. (...)

In Zeiten in denen der shareholder values als die heilige Kuh gilt, werden die Gewinne an den Internationalen Finanzmärkten zu "vermehrfachen" versucht und nicht mehr in betriebsinterne Investitionen gesteckt. Im Rahmen einer zukunfts- und beschäftigungsorientierten Politik, sind zielorientierte Eingriffe in die unternehmerische Gewinnverwertung notwendig. Erwirtschaftete Finanzmittel, die für arbeitsplatzschaffende Investitionen und Innovationen genutzt werden, sollten geringer, Gewinnanteile für die Finanzmärkte höher besteuert werden.

Auch die öffentliche Hand muß sich ihrer Verantwortung für die Arbeitsplatzsuchenden stellen und darf sich nicht unter dem Stichwort "schlanker Staat" aus der Pflicht nehmen. Wir fordern die Einführung eines öffentlichen Beschäftigungssektors! (...) Wir wissen, daß ein öffentlicher Beschäftigungssektor, der aus Steuergeldern finanziert wird, Geld kostet. Dennoch sehen wir darin auf jeden Fall die bessere Lösung, als langfristig Arbeitslosigkeit zu finanzieren.

Um aber das Ziel der Vollbeschäftigung zu erreichen, wird der Staat langfristig oder sogar dauerhaft seine Ausgaben im Beschäftigungssektor erhöhen müssen. Der in der Gesellschaft vorhandene Reichtum muß umverteilt werden, um diese Ausgaben zu finanzieren - das ist unvermeidbar! Es muß hierbei darum gehen, unproduktive Vermögensbildung zugunsten öffentlicher, produktiver, arbeitsplatzschaffender Ausgaben zu belasten.

Ein weiterer wichtiger Schritt auf dem Weg zur Vollbeschäftigung ist eine radikale Verkürzung der Arbeitszeit. Für untere und mittlere Einkommen muß ein voller Lohnausgleich geschaffen werden. (...)

Die Ausgestaltung des Sozialstaates marktgängig schleifen zu wollen, ist für uns ein Widerspruch in sich. Ein Sozialstaat, der den Marktmechanismen untergeordnet und damit letztlich den Renditeerwartungen der Besitzenden unterworfen werden soll, ist keiner mehr! (...) Sozialstaat ist Gegenprinzip zur Verwertungslogik kapitalistischer Wirtschaftsordnung. Die Gegenläufigkeit zur Marktlogik ist somit kein korrekturbedürftiger Konstruktionsfehler, sondern gerade das Wesen von Sozialstaatlichkeit. (...)

Die Rentenversicherung stellt sich zur Zeit als brüchiger Generationenvertrag dar, den wir nach den momentanen Aussichten so nicht mehr einlösen können. Die Rente hängt allerdings weniger von der demographischen Situation als vielmehr vom Arbeitsmarkt ab. (...)

Die Jugendlichen haben die Versprechungen der PolitikerInnen satt und wollen endlich eine ehrliche Diskussion darüber, wie mehr Ausbildungsplätze in zukunftsfähigen Berufen geschaffen werden können und auch selbst daran beteiligt werden! Das ewige "Konsens-Geblubber" bringt Jugendlichen nicht einen Azubi-Platz und verhindert eine Lösung, wie die Ausbildungsplatz-Umlagefinanzierung. Da die Wirtschaft nicht bereit ist, dafür zu sorgen, daß qualifizierter Nachwuchs ausgebildet wird, müssen Betriebe, die nicht ausbilden, umgehend zur Kasse gebeten werden. Die solidarische Umlagefinanzierung muß bis 1998 kommen! (...)

Ökologie erfordert soziale Emanzipation und Zivilcourage der Menschen. Wir wollen endlich Bedingungen schaffen, in denen sich Sorge für sich selbst mit Fürsorge für andere und Rücksicht auf den gemeinsamen Lebensraum ökologisch vernünftig verbinden. (...)

Brutaler denn je wird egoistisch und verlogen industriellen Verwertungsinteressen der Weg bereitet. Es ist der industrielle Wachstumswahn, der unsere Welt seiner aggressiven und expansiven Logik unterwirft. Die kapitalistische Gier nach Stoffen und Energie, nach Flächen und Zeit wird bisher kaum von einer vorausschauenden Vernunft und Ethik gebremst und entzieht sich jeglicher Kontrolle durch die Betroffenen. Die herrschende Politik, die den brachialen Kapitalismus forciert, war und ist unwillig und unfähig, schädigendem Wachstum Grenzen zu setzen oder es in zumindest erträglichere Bahnen zu lenken. (...)

Wir wollen mit diesem Diskussionsentwurf eine Debatte darüber anstoßen, welche Perspektiven es für das 21. Jahrhundert gibt und wie die Gestaltung unserer Zukunft und die der uns nachfolgenden Generationen aussehen kann.