»Für eine gepfefferte Antwort«

Diskussionsbeitrag zu Saalfeld: Gewerkschafts- und Parteikreise ließen sich vom Demo-Verbot kaltstellen
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Nach dem Polizeieinsatz zur Durchsetzung des Verbots der Antifa-Demo in Saalfeld wird in Antifa-Kreisen lebhaft über den Umgang mit dieser offensichtlichen Verschärfung diskutiert. Uns erreichte ein Beitrag von einem sächsischen Antifa-Aktivisten aus dem autonomen Spektrum. Weitere Reaktionen sind erwünscht.

Das Verbot der bundesweiten Antifa-Demo, die am 11. Oktober in Saalfeld über die Bühne gehen sollte, taugt leider nicht zum exemplarischen Possenspiel. Wenn auch die Verlautbarungen der lokalen Gralshüter aus Politik und Behörden den Saalfelder und Rudolstädter Heimatschutz als starkes Stück Deutschland präsentieren, und er somit normal deutsch daherkommt, so verdient doch die geballte Ladung aus Anti-Antifa-Konsens und Provinzmief eine gebührende Antwort: eine gut vorbereitete Großdemonstration. Vergegenwärtigt man sich die monatelange Vorbereitungszeit für die Saalfeld-Demo, sollte jedoch klar sein, daß diese Antwort, soll sie denn inhaltlich und, die Teilnehmerzahl betreffend, nach vorne weisen, einige Zeit auf sich warten lassen müssen wird. Mit einer längerfristigen Terminierung würde auch der Verfaßtheit der Antifa-Szene Rechnung getragen.

Die Aktionen gegen das Verbot unmittelbar am 11. Oktober - die Spontandemos in verschiedenen Städten und die Autobahnblockade auf der A9 - sprechen auf jeden Fall für die autonomen Antifa-Gruppen und deren Aktionismus. Im Gegensatz zu den beteiligten Gewerkschafts- und Parteikreisen ließen sich die Autonomen durch das Verbot nicht kaltstellen. Und es darf durchaus vermutet werden, daß den unabhängigen Antifa-Gruppen die bundesweite, politische Relevanz des Verbots um einiges bewußter war als anderen potentiellen Demoteilnehmern.

Nicht zuletzt wiegt der Fakt besonders schwer, daß einer der wesentlichsten Punkte, die den Ausschlag für das Verbot der Antifa-Demo gegeben haben dürften, die Anmeldung einer Gegendemo von Nazi-Seite war. Durch das Saalfeld-Verbot könnte sich ein Szenario Bahn brechen, wie es bisher nur die Nazis mit ihren Aufmärschen kennen. Die behördlichen Verbotsgründe in Saalfeld - bestätigt durch das Geraer Verwaltungsgericht - weisen stark in diese Richtung. Um so wichtiger ist ein konzentriertes Vorgehen auf juristischer und politischer Ebene. Eine Klage gegen das Verbot vor dem zuständigen Oberverwaltungsgericht muß deshalb im Nachgang der erlassenen Einstweiligen Verfügung auf jeden Fall erfolgen. Diese muß jedoch von einem politischen Verständnis geprägt sein, um tatsächlich Erfolg haben zu können, was bei der gescheiterten Klage vor dem Verwaltungsgericht nicht der Fall war.

Die juristische Durchsetzung von Demonstrationen ist ein wichtiges Faustpfand der praktisch-politischen Handlungsfähigkeit. Das um so mehr, als der Fall Saalfeld durchaus mit der Alltagssituation in Orten wie Gollwitz, Dolgenbrodt, Babenhausen oder Grevesmühlen vergleichbar ist: Überall treffen Antifas auf einen festgeschmiedeten Volks-Block aus Politik, Behörden, Medien und Bevölkerung. Um dagegen vorzugehen, reicht die juristische Ebene aber natürlich nicht aus. Es kommt darauf an, in Saalfeld mit einer gepfefferten Demo klarzustellen, wie die Fronten in diesem Land verlaufen. Das sollte auch der Maßstab für das nötige Demo-Bündnis sein. Eine Verwässerung der inhaltlichen Brisanz des erteilten Verbots durch ein breites Bündnis auf Gedeih und Verderb nützt der Sache recht wenig. In der Vergangenheit sind so immer inhaltliche Diskussionen und Standortbestimmungen ausgeblendet oder weggebügelt worden. Darüber sollte man auch in Antifa-Kreisen endlich ein Liedchen singen dürfen. Schließlich geht es gerade bei den Reaktionen auf das Demonstrationsverbot um die Perspektive einer antifaschistischen Bewegung hierzulande. Denn eines ist gewiß: das nächste Demonstrationsverbot kommt bestimmt. Daran stricken nicht nur ein thüringischer SPD-Innenminister und ein paar Provinzkasper, sondern tatsächlich ein gesamtes Gemeinwesen.