Nazi-Saalschutz für Halles Burschen

Bei einem Vortrag des rechten Professors Klaus Weinschenktrafen sich Korporationen und militante Neonazis

Daß studentische Verbindungen für Rechtsextremisten und Neonazis zuweilen eine geradezu magnetische Wirkung haben, ist bekannt. Besonders deutlich wurde dies einmal mehr am 12. November in Halle. Dort trafen sich im Haus der Sängerschaft Fridericiana Halle in trauter Runde Neonazis des Freiheitlichen Volksblocks (FVB), Corporierte der Burschenschaft Franco-Germania Halle, der Hallenser Landsmannschaft Vitebergia, des Corps Palaiomarchia und der Leipziger Burschenschaft Plesivia sowie einige Kaderfaschos. Eingeladen hatte die Burschenschaft Franco-Germania zu einem Vortrag mit Prof. Dr. Klaus Weinschenk aus Berlin. Sein originelles Thema: "Sind wir Deutsche noch zu retten?" Mit Vorliebe zitierte er dabei Alfred Mechtersheimer und den verurteilten Nazi-Terroristen Manfred Röder. Sein Vortrag gipfelte in dem Satz: "Ich bin ein Nazi."

Damit verriet er allerdings kein Geheimnis. Prof. Weinschenk war bis 1988 Landesvorsitzender der Berliner Republikaner. Er hielt Vorträge bei der rechten Psychosekte Verein zur Förderung der Psychologischen Menschenkenntnis, im Studienzentrum Weikersheim, bei der Berliner Kulturgemeinschaft Preußen und beim rechtsextremen Bildungswerk Hoffmann von Fallersleben. Am 25. Mai 1996 sprach er auf dem Bundeskongreß der NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN): "Es geht um die gemeinsame Sache. Die JN vertritt deutsche Interessen. Und ich bin ein Deutscher." Überall ist Weinschenk dabei: "Ist mir scheißegal, vor welchem Gremium ich rede, und wenn jemand was dagegen haben sollte, ist es mir noch scheißegaler." Der Professor gehört auch zu den Unterzeichnern der Nazi-Hetzschrift gegen die herrschende Ausländerpolitik, die seit ein paar Wochen in verschiedenen Städten, unter anderem auch in Gollwitz, in Hausbriefkästen verteilt wird, und die vor vermeintlicher "Überfremdung" und "Umvolkung" warnt. Kein Wunder, daß Weinschenk bei all diesem Engagement auch vom Verfassungsschutz zur Kenntnis genommen wurde.

Ein solcher Hochkaräter benötigt natürlich einen vernünftigen Saalschutz. Den übernahm der FVB Halle. Der FVB ist eine relativ neue bundesweite rechtsextreme Organisation. Die Drahtzieher kommen aus Baden-Württemberg und Bayern. In letzter Zeit versucht der FVB vor allem in Sachsen-Anhalt und Schleswig-Holstein Fuß zu fassen. In Halle fiel er bisher durch Plakat- und Flugblattaktionen auf. Vierzehntägig versammelt man sich in wechselnden Kneipen.

Doch nicht nur Rechtsextreme drängte es zu dem Vortrag von Prof. Weinschenk. Auch Antifas kamen, allerdings - wie man sich denken kann - nicht, um den Worten des profilierten Rechtsauslegers zu lauschen, sondern um die Veranstaltung zu sprengen. Das verhinderte allerdings die Polizei, die die Antifas wieder hinauskomplimentierte. Der Neonazi-Saalschutz durfte auf ausdrückliche Einladung der Veranstalter bleiben.

Neu an dieser Veranstaltung war vor allem, daß die sonst angeblich so "unpolitischen" Halleschen Corps und Landsmannschaften an diesem von Neonazis behüteten Treffen teilnahmen. Der Schulterschluß zwischen Corporationsstudenten und militanten Neonazis dürfte wohl schon länger vollzogen sein. Die Burschenschaft Franco-Germania Halle ist eine Neugründung der Burschenschaft Germania Halle zu Mainz, die seinerzeit durch eine Unterschriftensammlung für die Freilassung von Rudolf Heß aufgefallen war. Aber auch der Dachverband Deutsche Burschenschaften hat sich eindeutig positioniert: So wurde auf dem letzten Burschentag beschlossen, der Bundestag möge die für die Entschädigung von Deserteuren und deren Familien vorgesehenen Mittel als "Ehrensold für die noch lebenden Frontkämpfer" verwenden.

Die Franco-Germanen planen im übrigen schon wieder eine Veranstaltung. Ende Januar soll der Anti-Antifa-Aktivist und Herausgeber der rechtsextremen Zeitung Junges Franken, Jürgen Schwab, im Haus der Sängerschaft Fridericiana einen Vortrag halten. Antifas aus Halle haben bereits angekündigt, dies im Vorfeld verhindern zu wollen.