Radiophones Horrorstück

Seit dem vergangenen Samstag besitzt der Hörspiel-Autor und -Produzent Hermann Bohlen (34) einen neuen Lautsprecher. Der kracht nicht, klingt nicht, keinen Pieps gibt er von sich - der Lautsprecher ist der gleichnamige Preis für das beste Hörspiel des Jahres. Eine Publikumsjury verlieh ihn zum Abschluß der Berliner "Woche des Hörspiels" an des Autors radiophones Horrorstück "Prozedur 7.7.0". Die Konkurrenz war prominent (Christoph Schlingensief mit "Rocky Dutschke"), sie war witzig (John von Düffel mit "Missing Müller"), aber Bohlen verstand doch mehr zu überzeugen mit der Vergegenwärtigung einer Welt, in der polizeilich nicht identifizierbaren Personen Erkennungschips unter die Haut gespritzt werden. Sein Stück setzt, in einer virtuosen Montage, die Stimmen von Kriminalisten, Psychologinnen, Technikern, Passantinnen und Passanten, die die neue polizeiliche Maßnahme diskutieren und am Ende doch hinnehmen, zu einem Hör-Bild zusammen. Es ist das Porträt einer Gesellschaft, die zur Verfolgung entschlossen ist. Unter den Sprecherinnen und Sprechern: Ulrich Enzensberger, Elke Thye, Ralf Zeiseweis, die Kinder von Fanny van Dannen und die Jungle World-Autoren Johannes Groschupf und Stefan Ripplinger. Der Deutschlandfunk wiederholt "Prozedur 7.7.0" am kommenden Samstag um 20 Uhr.