Rühe kriegt ihn doch hoch

Bundestag beschließt: Das Geld für den Eurofighter wird ausgegeben

Der Eurofighter 2000 eigne sich so, wie er am Mittwoch letzter Woche während der Haushaltsberatungen im Bundestag von der Koalition abgesegnet wurde, "allenfalls für Flugshows, aber nicht für den militärischen Betrieb". Das prophezeit der ehemalige Luftwaffengeneral und heutige SPD-Bundestagsabgeordnete Manfred Opel. Die Maschine sei mit über zehn Tonnen Leergewicht zu schwer, könne so weniger an Bewaffnung zuladen und komme "nicht schnell genug um die Kurve". Auf den Jäger mag das zutreffen, Abgeordnete aber sind da schon immer wendiger gewesen.

Eine mustergültige 180-Grad-Wende legte letzte Woche beispielsweise Vera Lengsfeld aufs Parlamentsparkett. Mit ihrem Ja für den Jäger drehte die einstige DDR-Bürgerrechtlerin wohl für immer ins rechtsbürgerliche Lager ab. Ihr CDU-Fraktionskollege Manfred Kolbe aus Sachsen enthielt sich immerhin der Stimme - allerdings nur, weil Ost-Firmen lediglich mit Aufträgen im Umfang von 45 Millionen Mark an dem 23-Milliarden-Mark-Projekt beteiligt wurden.

Gehörigen Einfluß auf die Entscheidung manches Abgeordneten hatte wohl auch der von Daimler Benz Aerospace (Dasa) inszenierte kleine Volksaufstand der Flugzeugbauer im Sommer dieses Jahres. Anfang Juli hatten im Dasa-Werk Ottobrunn bei München über 3 500 Mitarbeiter sowie ihre aus Manching und Augsburg angereisten Kollegen für die Anschaffung des Eurofighters und ihre Arbeitsplätze gestreikt. Unterstützt wurde die vom Betriebsrat organisierte Aktion wie selbstverständlich von Bayerns Wirtschaftsminister Otto Wiesheu. Die Gesamtbetriebsratsvorsitzende Ingrid Lüllmann verwies damals die Politiker darauf, daß eine positive Entscheidung für den Eurofighter in Deutschland 18 000 und europaweit 70 000 Arbeitsplätze in 500 Unternehmen sichern würde. Unterstützt wurde sie vom Münchener IG-Metall-Funktionär Harald Flassbeck. Mit einem Brief an Kanzler und Verteidigungsminister machte auch DAG-Vorstandsmitglied Uwe Gudowius im Namen der Deutschen Angestellten-Gewerkschaft Druck für den Eurofighter. Schließlich haben sich Gewerkschafter um Arbeitsplätze zu kümmern.

In der süddeutschen Presse kamen empörte Mitarbeiter von Zulieferfirmen zu Wort, die nach 25 Jahren SPD-Mitgliedschaft ihren Austritt erklärten, weil die Sozialdemokraten sich definitiv gegen den Eurofighter ausgesprochen hatten. SPD-Abgeordnete, so die öffentliche Drohung der Arbeiter, dürften "ihre Kugelschreiber künftig anderweitig verteilen".

Kein Wunder, daß letzten Mittwoch im Bundestag bei den von SPD und Bündnisgrünen beantragten Abstimmungen zur Streichung des Projektes so mancher SPD-Bundestagsabgeordnete umfiel. Der Augsburger Martin Pfaff hatte schon im Sommer signalisiert, daß er "natürlich" am "Erhalt der Arbeitsplätze bei der Dasa interessiert" sei. Bei der Abstimmung zum SPD-Antrag enthielt er sich. Dazu schrieb Pfaff in einer Erklärung: "Ohne Verteidigungsfähigkeit steht unsere Zukunft auf wackligen Füßen." Gabriele Fograscher aus Donauwörth begründete ihre Entscheidung pro Eurofighter und gegen den Antrag ihrer eigenen Partei etwas volkstümlicher: "Als bayerische und vor allem als schwäbische Abgeordnete ist mir sehr an dem Erhalt der Arbeitsplätze gelegen."

So fiel die von SPD und Grünen herbeigeführte Entscheidung über den Jäger doch nicht so knapp aus, wie Rüstungsindustrie und Regierungskoalition dies einst nach vier kritischen Stimmen in der FDP befürchtet hatten. Für den SPD-Antrag, die Eurofighter-Mittel zu streichen, stimmten 296 Abgeordnete, dagegen 331. Vier enthielten sich. Diese Niederlage wäre auch mit den 15 SPD-Abgeordnete nicht zu verhindern gewesen, die der Abstimmung wie der Hamburger Bundestagsvizepräsident Hans-Ulrich Klose überwiegend wegen zur Fraktionsmeinung abweichender Auffassungen fernblieben. Der Antrag der Bündnisgrünen fiel mit nur 75 Ja-Stimmen - die SPD enthielt sich hier - völlig durch. Eine deutlichere Schlappe der Opposition als erwartet, und das, obwohl die Meinungsumfragen in dieser Frage eindeutig sind: Laut Emnid sind 80 Prozent der Bundesbürger gegen den Bau des Eurofighters.

Doch ohne diese Abänderungsanträge zum Haushalt Rühes wäre das größte Rüstungsprojekt nach grünem Licht aus Verteidigungs- und Haushaltsausschuß allein durch die Zustimmung zum Wehrhaushalt 1998 beschlossene Sache gewesen. Denn im 46,7-Milliarden-Mark-Topf finden sich auch die ersten 847 Millionen Mark für die anlaufende Serienfertigung.

Wenn nicht nächsten Herbst noch ein rot-grünes Wahlwunder geschieht, dann wird das Jagdgeschwader 73 in Laage bei Rostock im Jahr 2002 die ersten der 180 bestellten Eurofighter geliefert bekommen. Man darf gespannt sein, ob der Systempreis dann immer noch bei 125,4 Millionen Mark liegt oder bereits die vom Bundesrechnungshof befürchtete Marke von 177,9 Millionen erreicht hat. Die 40 Maschinen in leichter Jagdbomberversion könnten nach Ansicht der Rechnungsprüfer gar 189,4 Millionen kosten. Allein der Kaufpreis würde so von 23 Milliarden auf insgesamt 30 Milliarden klettern. Befürchtete Kosten in der geplanten Nutzungsphase: 87 Milliarden Mark. Das Geld wird fließen, denn in Verpflichtungsermächtigungen ist die Zahlung von 22,3 Milliarden bis ins Jahr 2014 an die Industrie schon jetzt garantiert. Geliefert werde dafür Technologie der achtziger Jahre, versichern Gegner des Projekts, die sich um die Verteidigungsfähigkeit Deutschland sorgen. Ein Flugzeug ohne Tarnkappenfähigkeit, ohne Schubvektorsteuerung, die durch schwenkbare Abgasdüsen ermöglicht würde, mit Raketen US-amerikanischer Hersteller und der Bordkanone des längst ausgemusterten Erdkampfflugzeuges Alpha-Jet.

Guten Flug.