Heimat ist ...

Salzburg hat kein Geld für "Negativwerbung". Eine Provinzposse

Vielfältige Anstrengungen unternahm Salzburg, um seinen Ruf als Kulturstadt zu verteidigen. Vergangenen Sommer wurde dies mit einer Provinz-Posse erneut eindrucksvoll demonstriert. Von der Unesco wurde der Salzburger Altstadt der Titel "Weltkulturerbe" verliehen. Allein das dazugehörige Fest, gemeinsam beschlossen von den Sozialdemokraten, Konservativen und Jörg Haiders FPÖ, kostete umgerechnet über 1,1 Milliarden Mark. Obendrein gab es für die Thyssen-Erbin Francesca Habsburg, eine der reichsten Frauen Europas, 800 000 Mark, um von einem 34 Meter hohen Turm allabendlich Botschaften zur Erhaltung des Weltkulturerbes an die Mönchsbergwand projizieren zu lassen. Von Habsburg an das Volk sozusagen. Um dem ganzen noch die (alte Habsburger) Krone aufzusetzen, nannte Francesca den Humbug "State Of The Art". Und bewies damit eindrucksvoll, daß Salzburg auf bestem Weg ist, ein einziger kleingeistiger Themenpark, ein "Mozart(kugel)land" zu werden, in dem auch das Haus Habsburg seinen mühsam ergaunerten Platz haben muß.

Daß es nicht immer so einfach ist, an Subventionen zu kommen, zeigt ein anderer Fall: Das Studio West, ein in Salzburg ansässiger Verein freier Film- und Videoschaffender, bemühte sich im Europäischen Jahr gegen den Rassismus um Subventionen für den Pilotfilm zu einer geplanten Serie mit dem Titel "Heimat ist...". Darin werden, beruhend auf tatsächlichen Begebenheiten, die Erlebnisse eines österreichischen Staatsbürgers afrikanischer Herkunft geschildert. Thematisiert werden der mal mehr, mal weniger versteckte Rassismus ebenso wie die positiven Erfahrungen des schwarzen Taxifahrers.

Die Reaktion auf den Antrag des Filmemachers Theo Eisner auf Übernahme der Aufenthalts- und Übernachtungskosten für das Drehteam durch die Stadt Salzburg - geschätzte Summe 6 000 bis 7 000 Mark - beim zuständigen Fremdenverkehrsstadtrat Siegfried Mitterdorfer (FPÖ) bewies einmal mehr das Selbstverständnis der Partei: Im abschlägigen Bescheid empörte sich der FPÖ-Mann darüber, daß der Film es wage, die Salzburger "als Rassisten" darzustellen: "Eine solche Anfälligkeit für rassistisches Verhalten vermag ich im Alltag weder bei den Salzburgern, noch bei allen anderen Österreichern zu erkennen. Insofern ist der Film eine bösartige Verdrehung der Tatsachen", heißt es in dem Schreiben des Büros von Mitterdorfer (siehe unten).

Zwei Tage, nachdem die Filmemacher diese Expertise erhalten hatten, begann die zweite Phase des Abwehrkampfes: die Neue Kronen Zeitung, Österreichs führendes Kleinformat, die meistgelesene Zeitung des Landes (Auflage über eine Million Exemplare), zeigte, offenbar vom Stadtratsbüro bestens informiert, einmal mehr ihre bedingungslose Unterstützung freiheitlicher Positionen. Als Sprachrohr des österreichischen Stammtisches wußte die Krone, wie die Zeitung in der Alpenrepublik habsburgerkompatibel genannt wird, was sie ihrem Ruf schuldig ist. Gewohnt subtil heißt es in der Überschrift: "Steuergeld für eine Nazi-Beschimpfung!"

Was will diese reichlich mehrdeutige Beschwerde dem Leser eigentlich sagen? Etwa daß Nazis beschimpft werden, und dies gefälligst zu unterbleiben habe, man zumindest aber keine öffentlichen Gelder dafür zu erwarten habe? Sucht der Künstler frecherweise trotzdem um eine Förderung an, sind die Rechten beleidigt. Als weiterer Beweis für die These, daß sich die Filmemacher in den Augen des Krone-Redakteurs R. Redtenbacher des Kapitalverbrechens "Nestbeschmutzung" schuldig gemacht haben, dient ein Zitat von der ersten Seite des Drehbuchs. Da sagt der schwarze Taxler: "Vielleicht sollte man euch besser als Nazis darstellen." Daß auf den folgenden Seiten des Skripts genügend erfreuliche Begegnungen mit Salzburgern dargestellt werden, fällt der selektiven Wahrnehmung der Kulturscharfrichter zum Opfer oder wird vorsichtshalber erst gar nicht erwähnt.