NPD wie Phönix aus der Asche

Der Neonazi-Verein Die Nationalen läuft zur NPD über

"Die Aufgaben der Nationalen e.V. (...) sind weitestgehend erfüllt." Mit dieser Begründung gab die umtriebige Neonazi-Gruppierung Die Nationalen Mitte November ihre Auflösung bekannt. Der 1991 in Berlin gegründete Verein hatte sich unter Beteiligung nicht weniger Gruppen und Parteien aus einem breiten rechten Spektrum zum Ziel gesetzt, die zersplitterte rechte Szene zusammenzuführen. Dafür trat man auch gemeinsam zu Wahlen an.

Seit 1993, als der Mittfünfziger Frank Schwerdt den Vorsitz des Vereins übernahm, änderten sich Zusammensetzung, Struktur und Ziele erheblich. Es vollzog sich eine starke Annäherung an das neonazistische Spektrum, und die gemäßigten Rechten verließen den Verein.

In den letzten Jahren wurde die Truppe um Schwerdt schließlich zum wichtigsten Knotenpunkt der ostdeutschen Neonazi-Szene. Hier koordinierten sich nicht nur die Berliner Neonazi-Kameradschaften, sondern es wurde auch intensive Aufbauarbeit in den ostdeutschen Bundesländern geleistet. In diesem Zusammenhang machten Die Nationalen zum letzten Mal im August dieses Jahres Schlagzeilen, als der brandenburgische Innenminister Alwin Ziel die Kameradschaft Oberhavel verbot: Als Chef der Kameradschaft wurde Frank Schwerdt genannt. Zum jetzigen Zeitpunkt können die aufgelösten Nationalen nicht nur auf eine Hochschulgruppe und die Jugendorganisation Jungnationale zurückgreifen, sondern auch auf ein über 30 Gruppen zählendes Netzwerk aus Orts- und Kreisverbänden sowie "unabhängige" Kameradschaften in Brandenburg, Sachsen, Sachsen-Anhalt und Thüringen.

Ebenfalls von Mitgliedern der Nationalen und deren Umfeld wird die Berlin-Brandenburger Zeitung (BBZ) herausgegeben. Dabei handelt es sich um ein professionell aufgemachtes Blatt, das sich an breitere Bevölkerungskreise richtet. Die Zeitung kommentiert das politische Geschehen und transportiert dabei rechtsextreme Inhalte. Gemeinsam mit ihren sechs Tochterzeitungen aus dem Bundesgebiet, die den gleichen überregionalen Teil und unterschiedliche regionale Teile enthalten, erreicht die BBZ nach eigenen Angaben eine Auflage von über 50 000 Exemplaren.

Nach einer langen Pause, die wohl auf die Inhaftierung des leitenden Redakteurs Christian Wendt, der rechten Hand Schwerdts, zurückzuführen ist, erschien im Herbst wieder ein Ausgabe. Stellt sich die Frage, warum eine derartig erfolgreiche Neonazigruppe ihre Auflösung bekanntgibt, denn daß die genannten Gründe lediglich vorgeschoben sind, ist offensichtlich. Vielmehr kann man sich des Eindrucks nicht erwehren, daß der Nazi-Verein Angst vor einem Verbot hat. Der Berliner Verfassungsschutz-Chef Vermander hatte bereits Mitte des Jahres gefordert, den Verein zu verbieten.

Ihrer Forderung nach einer Einigung des rechten Lagers versuchen die Nationalen nun selbst gerecht zu werden: Teile des Netzwerkes schließen sich der NPD an, die bislang vor allem in Brandenburg nicht gerade stark vertreten war. Doch das dürfte sich mit dem Übertritt der Nationalen ändern, deren starke Strukturen weite Teile der ostdeutschen Landesverbände der NPD praktisch dominieren werden.

Nationalen-Chef Schwerdt ist bereits seit einigen Monaten Mitglied der NPD und schreibt für das Parteiblatt Deutsche Stimme. In den Regionen, in denen früher Die Nationalen und ihre befreundeten Kameradschaften aktiv waren, gründen sich nun Kreisverbände der NPD. So Anfang November in der Spreewaldregion; für den Kreis Oberhavel ist eine Gründung angekündigt. In spätestens einem Jahr soll daraus ein eigenständiger Landesverband Brandenburg entstehen, den es bisher nur im Verbund mit Berlin gab. Als Vorstufe dafür hat sich bereits ein Bezirksverband Brandenburg mit Thilo Kabus als Vorsitzendem und Maik Hampel als Stellvertreter konstituiert.

Daß die Wahl des Auffangbeckens für die Nationalen auf die NPD gefallen ist, verwundert nicht weiter. Während die NPD-Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten bereits seit einiger Zeit fester Bestandteil des neonazistischen Lagers ist, näherte sich auch die Mutterpartei NPD in den vergangenen Jahren immer mehr dem offen neofaschistischen Spektrum und wurde somit für militante Neonazis akzeptabel. Hinzu kommt eine Eigenschaft, die für die verbotsgeplagten Neonazis von besonderer Wichtigkeit zu sein scheint: Da die NPD bereits seit über dreißig Jahren besteht, tun sich die Verantwortlichen mit einem Verbot sehr schwer.

Derzeit ist die NPD eine der wenigen Gruppierungen der extremen Rechten, die nach Angaben des Verfassungsschutzes Mitgliederzuwächse verzeichnen kann. Sollte sich zudem der Trend im Neonazi-Lager, Anschluß an die NPD/JN zu suchen, weiter fortsetzen, droht die NPD/JN zum zentralen Sammelbecken rechts von den Republikanern zu werden.