Ut mine Nazitid

Die NPD traf sich in Stavenhagen zum Bundesparteitag

Für ihren Bundesparteitag am vergangenen Wochenende hatte sich die NPD die verschlafene Kleinstadt Stavenhagen in Mecklenburg-Vorpommern als Tagungsort ausgesucht. Den Ausschlag für die Wahl des Orts, der sich mit dem Namen des Heimatdichters Fritz Reuter ("Ut mine Festungstid") schmückt, hatte wohl die Hoffnung gegeben, ungestört zu bleiben. Doch daraus wurde nichts. Obwohl der Veranstaltungsort erst einige Tage zuvor bekannt geworden war, demonstrierten am Samstag mehrere hundert Menschen gegen das Treffen der Rechtsextremisten im Mecklenburgischen. Aufgerufen zu der Protestaktion hatte die örtliche PDS, gemeinsam mit der SPD und mehreren antifaschistischen Organisationen.

Der Unterschiedlichkeit der Aufrufer entsprechend war der Demonstrationszug, der am Samstagvormittag vom Parkplatz des Einkaufszentrums vor das Hotel Reuterhof zog, wo die NPD tagte, eine kuriose Mischung: Die eine Hälfte bestand aus zumeist älteren PDS-Anhängern und anderen Bürgern, die andere aus Punks und Autonomen. Lediglich der SPD war es offenbar nicht gelungen, mehr als eine Bundestagsabgeordnete zu mobilisieren, die nach ihrem Redebeitrag auf der Kundgebung sogleich wieder entschwand. Während die ältere Hälfte der Demo-TeilnehmerInnen die Aktion nach der Kundgebung vor dem Reuterhof für beendet hielt und sich auf den Heimweg machte, hieß es von seiten der Punks und Autonomen: "Wir gehen noch nicht nach Hause." Offensichtlich war man gewillt, in das mit Rolläden gesicherte Hotel zu gelangen, hinter dessen Zaun zwei Dutzend Nazis die Kundgebung beobachteten. Am Ende fehlte es aber an der nötigen Entschlossenheit, denn schließlich stand noch die Polizei dazwischen.

Drinnen tagten unterdessen die rund 180 Delegierten. Schließlich wollten nicht nur die Neuwahlen getätigt sein, sondern am Sonntag sollte auch noch der in den letzten Wochen zu flächendeckender Bekanntheit aufgestiegene "Kamerad" Manfred Roeder als Gastreferent auftreten und an einer Pressekonferenz teilnehmen, damit die Journalisten dem Parteitag zumindest ein kleines Stück Aufmerksamkeit schenken mochten. Kostenlose Werbung kann die Partei, die in allen Bundesländern zur Bundestagswahl antreten will und finanziell nicht gerade auf Rosen gebettet ist, gut gebrauchen.

Aber auch wenn die NPD ihre beste Zeit schon lange hinter sich zu haben scheint, mausert sie sich momentan. Nach den Verboten neonazistischer Gruppierungen in den vergangenen Jahren ist nicht nur ihre bereits vollkommen im neonazistischen Spektrum verhaftete Jugendorganisation Junge Nationaldemokraten (JN) zum interessanten Objekt für parteipolitische Bestrebungen von Neonazis und andere Rechtsextremisten geworden. Auch die Mutterpartei weckt mehr und mehr Sympathien in der verbotsparanoiden Rechten, da sie bereits seit einiger Zeit einen nach rechts offenen Bündniskurs steuert und sich die Behörden mit dem Verbot der über 30 Jahre alten Partei schwertun.

Aber eine Hand wäscht die andere, und uneigennützig ist dieser Bündniskurs der Partei nicht. Die Parteispitze hat offensichtlich mittlerweile begriffen, daß mit den alten Mitteln, Strukturen und Mitgliedern kein Blumentopf mehr zu gewinnen ist.

Um ihren Führungsanspruch im rechtsextremen Spektrum zwischen Republikanern und Neonazi-Untergrund Wirklichkeit werden zu lassen, ist die NPD daher offenbar gewillt, ihre Strukturen auch für offen auftretende Neonazis zu öffnen. Wenn es ihr dabei gelingen sollte, die alte Klientel zu halten, dann stehen die Chancen der Partei nicht schlecht.